... your login credentials do not authorize you to access this content in the selected format. Access to this content in this format requires a current subscription or a prior purchase. Please select the WEB or READ option instead (if available). Or consider purchasing the publication.
Die diesjährige Ausgabe der Reihe „Renten auf einen Blick“ bietet einen Überblick
und eine Analyse der zwischen September 2017 und September 2019 von den OECD‑Ländern
gesetzlich beschlossenen Rentenmaßnahmen. Wie frühere Ausgaben auch enthält sie eine
umfassende Auswahl rentenpolitischer Indikatoren für sämtliche OECD‑ und G20‑Länder.
Außerdem befasst sie sich eingehend mit verschiedenen Ansätzen zur Organisation der
Alterssicherung für atypisch Beschäftigte.
Es ist Wachsamkeit geboten, um die Fortschritte bei der Erhöhung der Tragfähigkeit
der Rentensysteme nicht zu gefährden
Angesichts der in den meisten OECD‑Ländern immer rascher voranschreitenden Bevölkerungsalterung
bleibt es vordringlich, ein auskömmliches und finanziell tragfähiges Rentenniveau
zu sichern. 1980 kamen im OECD‑Raum auf 10 Personen im Erwerbsalter 2 Menschen über
65 Jahren. 2020 werden es etwas mehr als 3 und 2060 voraussichtlich fast 6 sein. Bis
2060 wird die Erwerbsbevölkerung (auf Basis fester Altersgrenzen) den Projektionen
zufolge in mehreren Ländern um mehr als ein Drittel abnehmen.
Mit einigen der seit September 2017 gesetzlich beschlossenen Maßnahmen wurden frühere
Rentenreformen zurückgefahren. Die jüngsten Reformen umfassten Lockerungen der Altersgrenzen
für den Rentenbezug, Erhöhungen der Leistungen sowie Ausdehnungen des Versicherungsschutzes.
In Island, Litauen und Ungarn änderten sich die Beitragssätze. In Frankreich, Italien,
Mexiko, Österreich und Slowenien wurden die Leistungen der Alterseinkommenssicherung
bzw. die Mindestrenten erhöht und in Deutschland wurden Verbesserungen für Geringverdiener
eingeführt. In Spanien wurden zwei Berechnungsfaktoren, mit denen dem finanziellen
Druck der Bevölkerungsalterung begegnet werden soll (der Nachhaltigkeitsfaktor und
der Revalorisierungsindex), vorübergehend aufgehoben. Das Renteneintrittsalter wurde
nur in Estland angehoben. In Italien, den Niederlanden und der Slowakischen Republik
wurden dagegen die Frühverrentungsoptionen ausgeweitet oder zuvor angekündigte Erhöhungen
des Rentenalters begrenzt.
Angesichts der sich verbessernden Wirtschaftslage hat der finanzielle Druck zur Reform
der Alterssicherungssysteme nachgelassen. Daher ist es verständlich, dass einige Länder
unpopuläre Maßnahmen entschärfen möchten, die im Krisenkontext eingeführt wurden.
Der durch die Krise verschärfte finanzielle Druck auf die Alterssicherungssysteme
spiegelte jedoch häufig auch strukturelle Schwächen wider. Werden Reformen zurückgenommen,
die auf langfristige Anforderungen ausgerichtet sind, kann dies dazu führen, dass
die Alterssicherungssysteme künftigen wirtschaftlichen Schocks gegenüber weniger widerstandsfähig
sind und nicht auf die Bevölkerungsalterung vorbereitet sind.
Bei Zugrundelegung der derzeit gesetzlich beschlossenen Maßnahmen steigt das Rentenalter
in etwas mehr als der Hälfte der OECD‑Länder bis etwa 2060 von gegenwärtig 63,8 Jahren
auf durchschnittlich 65,9 Jahre. Dies entspricht der Hälfte des voraussichtlichen
Anstiegs der Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren im selben Zeitraum. Das bedeutet,
dass diese Veränderungen allein nicht ausreichen werden, um das Gleichgewicht zwischen
Erwerbs‑ und Rentenbezugsdauer zu stabilisieren.
Unter Berücksichtigung der jüngsten Reformen beträgt die künftige Nettoersatzquote
der gesetzlichen Rentenversicherung für Durchschnittsverdiener mit vollständiger Erwerbsbiografie
im OECD‑Durchschnitt 59%, wobei sie in Litauen, Mexiko und dem Vereinigten Königreich
nahe 30%, in Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal und der Türkei hingegen bei
90% oder mehr liegen wird. In den meisten OECD‑Ländern werden die Ersatzquoten bei
vollständiger Erwerbsbiografie in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich sinken.
Welche Fragen stellen sich hinsichtlich der Alterssicherung atypisch Beschäftigter?
Atypisch Beschäftigte bilden eine sehr heterogene Gruppe, zu der Teilzeitkräfte und
befristet Beschäftigte ebenso wie Selbstständige zählen. Auf sie entfällt im OECD‑Raum
insgesamt mehr als ein Drittel der Beschäftigung. Das Aufkommen neuer Beschäftigungsformen
könnte die Einkommensaussichten künftiger Rentnergenerationen verschlechtern.
Selbstständige zahlen in der Regel niedrigere Beiträge zur Rentenversicherung als
abhängig Beschäftigte mit gleichem steuerpflichtigem Einkommen. Nur in zehn OECD‑Ländern
leisten sie einen ähnlich hohen Beitrag wie abhängig Beschäftigte. Die niedrigeren
Rentenversicherungsbeiträge können sich aus verschiedenen Faktoren erklären, darunter
insbesondere einem beträchtlichen Ermessensspielraum bei der Festlegung der Bemessungsgrundlage,
einer fehlenden Beitrittspflicht zu verdienstabhängigen Systemen, geringen Anreizen
zur Einzahlung in freiwillige Altersvorsorgepläne und niedrigeren nominalen Beitragssätzen.
Dies kann schwerwiegende Konsequenzen für die Rentenleistungen heutiger und künftiger
Selbstständiger sowie die Gesamtkapazität zur Sicherung einer angemessenen Altersversorgung
haben.
Nach ihrem Renteneintritt beziehen ehemalige Selbstständige in der Regel niedrigere
Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung als ehemalige abhängig Beschäftigte.
Zudem haben atypisch Beschäftigte in der Regel nur begrenzt Zugang zur kapitalgedeckten
Altersvorsorge. Im OECD‑Durchschnitt beziehen selbstständig Beschäftigte bei gleichem
steuerpflichtigem Einkommen über die Erwerbsdauer gerechnet eine um 20% niedrigere
Altersrente als ehemalige abhängig Beschäftigte (bei Zugrundelegung der Pflichtbeiträge).
Viele Länder können Maßnahmen ergreifen, um die Renteneinkommen von atypisch Beschäftigten
zu verbessern
Durch Reformen der Alterssicherungssysteme, die die Unterschiede zwischen Beschäftigten
in regulären und atypischen Arbeitsverhältnissen im Hinblick auf Erfassungsgrad, Beiträge
und Leistungsansprüche verringern, wäre es möglich, einen gerechteren Versicherungsschutz
zu gewährleisten, Ungleichheiten zu reduzieren, die Risiken weitestmöglich zu bündeln
und die Arbeitskräftemobilität zwischen den verschiedenen Beschäftigungsformen zu
erleichtern.
Würden die Mindestverdienstgrenzen für den Rentenanspruch auf einem hinreichend niedrigen
Niveau angesetzt, könnten einige der Hindernisse beseitigt werden, vor denen befristet
Beschäftigte und Teilzeitkräfte stehen. Eine Gleichbehandlung aller Erwerbseinkommen
kann nur gewährleistet werden, wenn befristete Beschäftigungsverhältnisse unabhängig
von ihrer Dauer nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen werden
und Anforderungen in Bezug auf Mindestdauer der Betriebszugehörigkeit und Mindestversicherungszeiten
abgeschafft werden.
Wenn alle atypisch Beschäftigten, genauso wie regulär Beschäftigte, voll in die gesetzliche
Rentenversicherung aufgenommen werden, verringern sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
die finanziellen Anreize, atypische Beschäftigungsverhältnisse missbräuchlich zu nutzen.
Wenn die Übertragbarkeit von Rentenansprüchen und ‑vermögen gewährleistet ist, können
Arbeitskräfte, die den Arbeitsplatz wechseln, im selben Altersvorsorgesystem bleiben
oder ihre Rentenansprüche in ein neues System mitnehmen. Um zu erreichen, dass mehr
Menschen im Alter besser abgesichert sind, wäre es zudem hilfreich, den Kapitalschwund
in kapitalgedeckten Altersvorsorgesystemen zu begrenzen, der aus Arbeitsplatzwechsel
oder vorzeitigen Auszahlungen resultiert. Außerdem sollten freiwillige betriebliche
Altersvorsorgesysteme sowie Alterssicherungssysteme mit automatischer Mitgliedschaft
in Ländern, in denen sie abhängig Beschäftigten zur Verfügung stehen, standardmäßig
auf sämtliche Beschäftigungsformen ausgedehnt werden.
Die Gründe für die Pflichtmitgliedschaft abhängig Beschäftigter in Altersversicherungen
gelten genauso für selbstständig Beschäftigte. Um die Rentenregelungen für alle Beschäftigungsformen
anzugleichen, müssen die Gesamtbeitragssätze, d.h. die Summe der Arbeitnehmer‑ und
der Arbeitgeberbeiträge, für sämtliche Arbeitskräfte angeglichen werden. Vor allem
das hohe Maß an Flexibilität, das bei der Festlegung der Beitragsbemessungsgrundlage
für Selbstständige gegeben ist, schlägt sich in tendenziell niedrigen Beiträgen nieder.
Eine formelle Begrenzung dieser Flexibilität reicht jedoch u.U. nicht, um ein niedriges
Beitragsniveau zu verhindern. Möglichweise sind sachdienliche Maßnahmen erforderlich,
um die Einhaltung der Bestimmungen zu verbessern. Wenn niedrigere Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung als Instrument zur Förderung der selbstständigen Beschäftigung
oder zur Unterstützung von Arbeitskräften in Niedriglohntätigkeiten dienen, sollte
verhindert werden, dass dies zu niedrigeren Rentenansprüchen führt. Dazu sollten die
niedrigeren Beiträge zumindest für Geringverdiener durch staatliche Zuschüsse aufgestockt
werden.
Übersetzung durch den Deutschen Übersetzungsdienst der OECD.
Die Verwendung dieser Arbeiten, sei es in digitaler oder gedruckter Form, unterliegt
den Nutzungsbedingungen unter: http://www.oecd.org/termsandconditions.
Zusammenfassungen in Drittsprachen enthalten auszugsweise Übersetzungen von OECD-Publikationen,
deren
Originalfassungen in englischer und französischer Sprache veröffentlicht wurden.