1. Indikatoren der Integration von Zugewanderten: Überblick und Herausforderungen

Die Integration von Zugewanderten und ihren Kindern steht in den EU- und OECD-Ländern immer noch weit oben auf der politischen Tagesordnung. Viele Länder haben ihre Integrationsmaßnahmen in den letzten Jahren aktualisiert und ausgeweitet – auch angesichts der stark steigenden Migrationszahlen in den Flüchtlingskrisen 2015/2016 und 2022. Aufgrund des zunehmenden Arbeitskräftemangels verstärkten viele Länder außerdem ihre Bemühungen, zusätzlich Beschäftigte aus dem Ausland anzuwerben, während sich der globale Wettbewerb um Arbeitskräfte verschärfte. Obwohl sich die Politik häufig auf die Integration von Neuzugewanderten konzentriert, machen diese in vielen Ländern nur einen geringen Teil der gesamten im Ausland geborenen Bevölkerung aus, die ebenfalls mit vielen Integrationsherausforderungen konfrontiert ist. So zeigen etwa mehrere Integrationsindikatoren, dass die seit vielen Jahren im Aufnahmeland ansässigen Migrant*innen und ihre Kinder in den meisten OECD- und EU-Ländern immer noch schlechter abschneiden als die im Inland Geborenen und deren Kinder.

Die Integration von Zugewanderten und ihren Kindern macht Gesellschaften inklusiver und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie ermöglicht den Zugewanderten eine uneingeschränkte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und fördert in den Gesellschaften der Aufnahmeländer die Akzeptanz für eine weitere Zuwanderung. Denn wie im Aktionsplan der EU für Integration und Inklusion 2021–2027 verankert, ist erfolgreiche Integration immer ein zweiseitiger Prozess. Im Sinne dieser Publikation bedeutet Integration, dass die Zugewanderten unter Berücksichtigung ihrer Merkmale in der Lage sind, die gleichen sozialen und wirtschaftlichen Ergebnisse zu erzielen wie im Inland Geborene.

Es ist von wesentlicher Bedeutung, den Politikverantwortlichen und der Öffentlichkeit belastbare Daten zu liefern, Integrationsergebnisse richtig zu beurteilen und Hindernisse, die einer erfolgreichen Integration im Wege stehen, abzubauen – und gleichzeitig gegen Desinformation vorzugehen. Da Integrationsindikatoren immer stark von der Zusammensetzung der Migrationsbevölkerung abhängen, geben sie nur begrenzt Auskunft über die Wirksamkeit einer Integrationspolitik. Dennoch helfen sie den politisch Verantwortlichen, Schwachstellen zu erkennen, klare Ziele festzulegen und Fortschritte zu bewerten. In diesem Kapitel wird zunächst aufgezeigt, welche Vorteile die Entwicklung von Monitoringinstrumenten für die Integration auf internationaler Ebene hat. Danach wird eine Klassifikation der OECD- und EU-Länder nach Umfang und Aufenthaltszweck der zugewanderten Bevölkerung sowie nach ihrer Migrationserfahrung aufgeführt. In einer vergleichenden Übersicht werden schließlich wichtige Kernindikatoren und ihre Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren zusammengefasst. Da die bei Redaktionsschluss vorliegenden neuesten Daten aus dem Jahr 2021 stammen, bilden die Integrationsindikatoren in dieser Publikation die Folgen der historischen Abwanderung aus der Ukraine noch nicht ab.

Im Sinne dieser Publikation ist mit Zugewanderten die im Ausland geborene Bevölkerung gemeint (vgl. Kasten 1.1 wegen der Definition von „in der EU Geborene“). Denn anders als die Staatsangehörigkeit, die sich ändern kann, bleibt der Geburtsort stets derselbe. Außerdem bestehen zwischen den Ländern große Unterschiede in Bezug auf die Voraussetzungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft, was internationale Vergleiche erschwert. In Ländern, die diesbezüglich einen liberaleren Kurs verfolgen – neben den klassischen Einwanderungsländern etwa Japan, Korea, Mexiko und Türkiye –, können sich ausländische Staatsbürger*innen zumeist bereits nach fünf Jahren Aufenthalt im Aufnahmeland einbürgern lassen. In manchen europäischen Ländern, darunter Schweden, wird bestimmten Gruppen von Zugewanderten die Einbürgerung ebenfalls relativ leicht gemacht. In mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern wie auch im deutschsprachigen Raum sind viele im Inland Geborene mit im Ausland geborenen Eltern hingegen nicht Staatsangehörige ihres Geburtslandes.

Was die Kinder von Zugewanderten betrifft, werden sie in den meisten Ländern als im Inland Geborene mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil betrachtet, wobei teilweise auch im Inland geborene Kinder mit ausländischer Staatsangehörigkeit gemeint sind. Die meisten Länder verfügen über wenig Informationen zu den im Inland geborenen Kindern mit im Ausland geborenen Eltern, weil selten Daten zur Herkunft der Eltern erhoben werden. Der häufig verwendete Begriff „Migrant*innen der zweiten Generation“ wird in diesem Bericht vermieden, weil in ihm der Gedanke mitschwingt, dass der Migrationsstatus von Generation zu Generation weitergegeben wird. Zudem ist er auch inhaltlich falsch, da es sich nicht um Zugewanderte, sondern um im Inland Geborene handelt. Analog dazu wird auch der Begriff „Menschen mit Migrationshintergrund“ vermieden, der häufig als Sammelbegriff für Zugewanderte und ihre im Inland geborenen Nachkommen verwendet wird. Die Integration von im Ausland Geborenen – vor allem solchen, die im Erwachsenenalter zuzogen – und die Integration von Kindern mit im Ausland geborenen Eltern, die im Aufnahmeland aufgewachsen und dort zur Schule gegangen sind, wirft jedoch sehr unterschiedliche Probleme auf.

Die Ergebnisse von Zugewanderten unterscheiden sich häufig von denen der im Inland Geborenen – vor allem, wenn die Zugewanderten erst im Erwachsenenalter ins Aufnahmeland kamen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Zugewanderten sind in einem anderen Umfeld (und häufig auch mit einer anderen Sprache) aufgewachsen und zur Schule gegangen als die im Inland Geborenen. Manche dieser Faktoren können einer vollständigen Integration im Weg stehen, im Allgemeinen lässt ihre Wirkung mit zunehmender Aufenthaltsdauer im Aufnahmeland jedoch nach. Für Personen, die im Ausland geboren sind, aber schon als Kinder, also noch im Schulalter, ins Aufnahmeland kamen, stellt sich die Situation anders dar. Wenn der Großteil der Bildungslaufbahn im Ausland absolviert wurde, werden zentrale Merkmale wie das Bildungsniveau kaum durch die Integrationspolitik beeinflusst und sollten daher nicht als Indikatoren für den Integrationserfolg betrachtet werden. Für diejenigen, die im Kindesalter zuzogen oder als Kinder von im Ausland geborenen Eltern im Aufnahmeland geboren sind, ist das Bildungsniveau jedoch ein entscheidender Indikator.

Für die im Inland geborenen Kinder mit im Ausland geborenen Eltern stellt sich die Lage ganz anders dar.1 Da sie im Aufnahmeland aufgewachsen und dort zur Schule gegangen sind, müssen sie in der Regel nicht die gleichen Hürden wie ihre im Ausland geborenen Eltern überwinden. Die Ergebnisse der im Inland geborenen Kinder, deren Eltern im Ausland geboren sind, sind daher in vieler Hinsicht ein besserer Gradmesser der Integration als die Ergebnisse der im Ausland Geborenen.

Abbildung 1.1 zeigt den Anteil der Bevölkerung, der entweder selbst im Ausland geboren ist oder mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil hat. Die erste Gruppe teilt sich dabei in diejenigen, die im Erwachsenenalter ins Aufnahmeland kamen, und diejenigen, die als Kinder im Schulpflichtalter (d. h. vor dem Alter von 15 Jahren) zuzogen. Laut Haushaltserhebungen ist in der EU rund ein Siebtel (Kasten 1.2) und im OECD-Raum ein Neuntel der Bevölkerung im Ausland geboren – das entspricht 54 Millionen bzw. 142 Millionen Menschen. Im OECD-Raum ist rund ein Viertel dieser Bevölkerung vor dem Alter von 15 Jahren ins Aufnahmeland gekommen, verglichen mit einem etwas höheren Anteil in der EU (29 %). In der EU und im OECD-Raum beläuft sich der Anteil der im Inland Geborenen mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil auf rd. 7 % der Gesamtbevölkerung. Das entspricht rd. 28 Millionen bzw. 91 Millionen Personen. Während in den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich und Israel bei den im Inland Geborenen mit im Ausland geborenen Eltern mehrheitlich beide Elternteile zugewandert sind, überwiegen in der EU die gemischten Haushalte, d. h. die im Inland Geborenen mit im Ausland geborenen Eltern in der EU haben mehrheitlich einen im Inland und einen im Ausland geborenen Elternteil. Insgesamt ist in der EU etwa ein Fünftel der Bevölkerung entweder selbst im Ausland geboren oder hat mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil, verglichen mit einem etwas geringeren Anteil im OECD-Raum.

Zugewanderte machen in Luxemburg nahezu die Hälfte der Bevölkerung aus, rund zwei Fünftel in der Schweiz und ein Drittel in Australien und Neuseeland. Am anderen Ende des Spektrums – in den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern, den asiatischen und den lateinamerikanischen OECD-Ländern – stellen sie dagegen weniger als ein Zehntel der Bevölkerung. Außer in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern, Mexiko, Frankreich und Israel gibt es dabei in allen Ländern mehr Zugewanderte als im Inland Geborene mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil. Insgesamt ist in Australien, der Schweiz und Israel die Hälfte der Bevölkerung entweder im Ausland geboren oder hat mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil, verglichen mit einem Anteil von über 70 % in Luxemburg. In anderen langjährigen europäischen Zielländern bewegt sich der Anteil zwischen einem und zwei Fünfteln. In den lateinamerikanischen Ländern (außer Costa Rica), den asiatischen Staaten sowie den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern macht die Gruppe dagegen nicht einmal ein Zehntel der Bevölkerung aus.

Während viele Umfragen unter Privathaushalten Daten über Zugewanderte und ihre Nachkommen erheben, ist über die Enkel von Zugewanderten nur wenig bekannt.2 Die 2021 von der Europäischen Kommission durchgeführte Eurobarometer-Sonderumfrage 519 ermöglicht nun erstmals eine Schätzung des Anteils dieser Gruppe an der Bevölkerung mit EU-Staatsangehörigkeit. Angenommen, dass alle Drittstaatsangehörigen mindestens einen im Ausland geborenen Großelternteil haben, ergibt die Addition ihres Anteils mit dem Anteil der EU-Bürger*innen, die ebenfalls mindestens einen im Ausland geborenen Großelternteil haben, dass in der EU nahezu ein Viertel der Bevölkerung ab 15 Jahren mindestens einen im Ausland geborenen Großelternteil hat (Abbildung 1.2). Rund die Hälfte von ihnen ist dabei außerhalb der EU geboren. In Luxemburg und Lettland haben sogar rund vier Fünftel bzw. zwei Drittel der Bevölkerung in dieser Altersgruppe mindestens einen im Ausland geborenen Großelternteil. In den langjährigen europäischen Zielländern (außer den Niederlanden) ist ihr Anteil mit mehr als einem Drittel ebenfalls groß.

Die Integrationsergebnisse und ihre Veränderungen im Zeitverlauf werden im Rahmen dieser Publikation in relativer Rechnung gemessen, d. h., die Ergebnisse der Zugewanderten werden mit jenen der im Inland Geborenen verglichen (Kapitel 2–6), die Ergebnisse der im Inland geborenen Kinder mit im Ausland geborenen Eltern werden mit den Ergebnissen der im Inland geborenen Kinder mit im Inland geborenen Eltern verglichen (Kapitel 7) und die Gruppe der Drittstaatsangehörigen in Europa wird mit den Staatsangehörigen des europäischen Wohnsitzlandes verglichen (Kapitel 8). So sind die Indikatoren gut nachvollziehbar und können dabei helfen, Integrationsherausforderungen sichtbar zu machen. Da sie jedoch erheblich von der Zusammensetzung der Zuwanderungsbevölkerung und verschiedenen politischen und anderen Bedingungen abhängen, sagen sie nicht zwangsläufig etwas über den Erfolg oder Misserfolg einer Politik aus. Die Integrationspolitik ist nur ein Faktor von vielen, der je nach Land eine unterschiedliche Bedeutung haben kann. Um die Auswirkungen der Integrationspolitik richtig beurteilen zu können, braucht es andere Instrumente (Kasten 1.3).

Die Messung der Ergebnisse einer Zielgruppe im Vergleich zu denen einer Vergleichsgruppe erfolgt üblicherweise anhand: 1. der Differenz zwischen den Werten der beiden Gruppen (im Allgemeinen ausgedrückt in Prozentpunkten, da es sich bei den meisten Indikatoren um Anteile oder Quoten handelt) und 2. des Quotienten der Werte der beiden Gruppen.

Abbildung 1.3 zeigt den Anteil geringqualifizierter Zugewanderter im Vergleich zum Anteil geringqualifizierter im Inland Geborener. Die Gegenüberstellung macht deutlich, wie unterschiedliche Messmethoden zu unterschiedlichen Länderrankings führen können. In diesem Beispiel ist der Quotient aus dem Anteil geringqualifizierter Zugewanderter und dem Anteil geringqualifizierter im Inland Geborener in Japan und Griechenland vergleichsweise hoch. Er zeigt an, dass die Zugewanderten in diesen Ländern etwa doppelt so häufig geringqualifiziert sind wie die im Inland Geborenen. Wird hingegen die Differenz zwischen den Anteilen gemessen, so fällt Griechenland im Ranking noch weiter zurück, während sich Japan im Mittelfeld einordnet. In beiden Fällen werden zwar die Unterschiede zwischen den Anteilen der geringqualifizierten Zugewanderten und der im Inland geborenen Geringqualifizierten gemessen, in den Verhältniszahlen bleiben Größeneffekte jedoch unberücksichtigt. So hat Griechenland beispielsweise einen der größten Anteile geringqualifizierter Zugewanderter im OECD-Raum, während Japan zu den Ländern mit dem kleinsten Anteil gehört. In diesem Bericht werden Indikatoren deshalb in absoluten Zahlen angegeben und Differenzen in Prozentpunkten dargestellt, jedoch nur selten als Quotient.

Internationale Vergleiche können die Indikatoren auf nationaler Ebene deutlich bereichern. Das gilt insbesondere für folgende Bereiche:

  1. a) Festlegung von Leistungsbenchmarks

Anhand internationaler Vergleiche können Länder ihre eigenen Ergebnisse mit denen anderer Staaten vergleichen. Die Vergleiche können zur Festlegung nationaler Leistungsbenchmarks dienen und dabei helfen, die Größenordnung von Unterschieden zu interpretieren. Wie Abbildung 1.4 zeigt, reicht der Blick auf die nationale Ebene nicht aus, um festzustellen, ob es sich bei einer Differenz von 4 Prozentpunkten bei den Überbelegungsquoten (genau definiert unter Indikator 4.5) zwischen den Zugewanderten und den im Inland Geborenen im Vereinigten Königreich um eine große oder eine kleine Differenz handelt. Erst der internationale Vergleich ermöglicht es, das Ergebnis einzuordnen. In diesem Fall zeigt sich, dass die Differenz im Vereinigten Königreich im Vergleich zu nahezu allen anderen langjährigen Zielländern geringer ausfällt.

  1. b) Erfassung gemeinsamer Integrationsherausforderungen

Darüber hinaus können internationale Vergleiche dabei helfen, Herausforderungen zu erkennen, die mehreren Ländern gemeinsam sind und eher mit der Art des Migrationsprozesses als mit dem spezifischen Kontext der einzelnen Aufnahmeländer zusammenhängen. So sind Zugewanderte beispielsweise in fast allen Ländern stärker von Armut bedroht als die im Inland Geborenen (Abbildung 1.5). Die sozioökonomischen Hintergründe der im Ausland geborenen Bevölkerung können von Land zu Land sehr unterschiedlich sein und die Diskrepanzen zwischen den beiden Gruppen bei den Armutsquoten nur teilweise erklären. Konkrete Hürden für Zugewanderte auf dem Arbeitsmarkt, etwa sprachliche Barrieren oder nicht anerkannte ausländische Bildungsabschlüsse, der begrenzte Zugang zu Sozialleistungen und mögliche Diskriminierung können die Armutsquoten unter Zugewanderten auch in die Höhe treiben.

  1. c) Erfassung von Aspekten, die in den nationalen Daten nicht erkennbar sind

Internationale Vergleiche können auch dabei helfen, Aspekte aufzuzeigen, die in den nationalen Daten nicht erkennbar sind, gerade auch wenn zwischen Zuwanderung und anderen Faktoren der Benachteiligung eine starke Korrelation besteht. Insbesondere in Europa wird z. B. häufig behauptet, dass eine hohe Konzentration direkter Nachkommen von Zugewanderten an bestimmten Schulen die Bildungsergebnisse dieser Schulen insgesamt beeinträchtige. Ergebnisse der Internationalen Schulleistungsstudie PISA der OECD zeigen, dass die Schüler*innen in europäischen Ländern, in denen zugewanderte Eltern überproportional häufig geringqualifiziert sind, in der Regel schlechtere Ergebnisse erzielen, wenn sie Schulen besuchen, die einen hohen Anteil an Kindern von Zugewanderten aufweisen (Abbildung 1.6). In OECD-Ländern wie Australien, Kanada und Israel, in denen die Zugewanderten unter den Hochqualifizierten überrepräsentiert sind, erzielen die Schüler*innen hingegen bessere Leistungen, wenn sie Schulen mit einem hohen Anteil an Kindern von Zugewanderten besuchen. Tatsächlich festzustellen ist, dass die schulischen Leistungen der Kinder in allen Ländern systematisch niedriger sind, wenn sie eine Schule besuchen, in der ein großer Teil der Schülerschaft eine geringqualifizierte Mutter hat. Der Leistungsrückstand gegenüber Schüler*innen in Schulen, in denen diese Gruppe nur schwach vertreten ist, entspricht im OECD-Raum nahezu zwei Schuljahren. Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass sich das Bildungsniveau der Mutter stark auf die schulische Leistung ihrer Kinder auswirkt. Hier macht der internationale Vergleich deutlich, was das eigentliche Problem bei geringen schulischen Leistungen ist: nicht die hohe Konzentration an Kindern von Zugewanderten als solche, sondern die hohe Konzentration von Kindern mit geringqualifizierter Mutter.

Um die Integrationsergebnisse der Länder richtig auszulegen, müssen die unterschiedlichen Zusammensetzungen ihrer Zuwanderungsbevölkerung berücksichtigt werden. Insbesondere der Migrationsgrund wirkt sich generell erheblich auf die Ergebnisse aus. So sind humanitäre Zugewanderte beim Eintritt in den Arbeitsmarkt beispielsweise mit ganz speziellen Hürden konfrontiert. Da ihre Auswanderung auf eine Notlage zurückzuführen ist, haben sie in der Regel keine Zeit, ihren Aufenthalt vorzubereiten, sind häufig psychisch belastet und haben höchstens einen schwachen Bezug zu ihrem Aufnahmeland. Arbeitsmigrant*innen werden aufgrund ihrer Kompetenzen und/oder Beschäftigung im Aufnahmeland hingegen häufig schon vorab ausgewählt und können auf dem Arbeitsmarkt deutlich schneller Fuß fassen, vor allem zu Beginn ihres Aufenthalts (Abbildung 1.7 und Abbildung 1.11 weiter unten).

Bislang wurde der Migrationsgrund in Haushaltserhebungen kaum abgefragt. Seit 2021 enthält die Arbeitskräfteerhebung der EU jedoch alle zwei Jahre auch eine Frage zum Grund der Zuwanderung, sodass EU-weit nun Integrationsergebnisse für unterschiedliche Zuwanderungsgruppen ausgewiesen werden können. Außerhalb der EU erheben (beispielsweise neben Korea) nur wenige Länder Daten zum Aufenthaltszweck der Zugewanderten. Auch sind die Haushaltserhebungen nur selten mit Datenbanken verknüpft, in denen die Aufenthaltsgenehmigungen der Zugezogenen erfasst sind (wie etwa in Kanada) und die möglicherweise andere Migrationsgründe nennen als von den Zugewanderten selbst angegeben.

Wie Abbildung 1.7 zeigt, sind die Erwerbstätigenquoten der Arbeitsmigrant*innen in nahezu allen europäischen Ländern am höchsten, während humanitäre Migrant*innen mit geringster Wahrscheinlichkeit erwerbstätig sind. Mit- und nachreisende Familienangehörige schneiden dabei trotz eines mutmaßlich stärkeren Bezugs zum Aufnahmeland EU-weit nur geringfügig besser ab als die humanitären Migrant*innen.

Solche und andere kontextbezogene Informationen sind unerlässlich, um die Integrationsergebnisse von Zugewanderten sowie die beobachteten Unterschiede im Vergleich zur im Inland geborenen Bevölkerung richtig zu interpretieren. Der Umfang und die Zusammensetzung der Zuwanderungsbevölkerung der OECD-Länder unterscheiden sich erheblich, was u. a. geografische, historische, sprachliche und politische Gründe hat. Während die Migrationsbevölkerung in Schweden beispielsweise zu einem erheblichen Teil aus humanitären Migrant*innen und ihren Familien besteht, ist dieser Anteil in Ländern wie Australien, Kanada und dem Vereinigten Königreich deutlich geringer.

Die historische Abwanderung von Menschen aus der Ukraine, die jüngst eingesetzt hat, wirkt sich in mehreren Ländern erheblich auf die Zusammensetzung der jeweiligen Migrationsbevölkerung aus (Kasten 1.4). Gerade auch in den mittel- und osteuropäischen Ländern, die in der Vergangenheit hauptsächlich Arbeitsmigrant*innen anzogen, ist die Zahl der humanitären Migrant*innen stark gestiegen. Da die neuesten vorliegenden Daten bei Redaktionsschluss aus dem Jahr 2021 stammen, bilden die Integrationsindikatoren in dieser Publikation die Folgen dieser Bewegungen noch nicht ab.

Anhand des Umfangs und des Aufenthaltszwecks der Zuwanderungsbevölkerung (Arbeitsmigration, Familiennachzug, humanitäre Migration, Freizügigkeit) sowie der Migrationserfahrung der einzelnen Länder – alles Einflussfaktoren der Integrationsergebnisse – werden die Zielländer des OECD-Raums und der EU in 13 Gruppen mit einer ähnlichen strukturellen Zusammensetzung der Migrationspopulation unterteilt (Abbildung 1.8). Diese Ländergruppen stehen generell vor ähnlichen Integrationsherausforderungen, sodass eine internationale Gegenüberstellung ihrer Ergebnisse besonders aufschlussreich ist. Da Faktoren wie die Größe und die Stärke der Volkswirtschaft, welche sich ebenfalls auf die Integrationsergebnisse auswirken, bei der Einteilung nicht berücksichtigt werden, weichen die Ergebnisse anderer Gruppen stärker voneinander ab. Und da jede Klassifizierung auch eine gewisse Vereinfachung erfordert, können nicht alle Einflussgrößen komplexer Integrationsprozesse berücksichtigt werden. Abbildung 1.9 stellt die Ergebnisse von Schlüsselindikatoren der einzelnen Gruppen und ihre Entwicklung im Zeitverlauf zusammenfassend dar.

Diese Länder sind durch Dauerzuwanderung gekennzeichnet und betrachten Zuwanderung als Teil ihres nationalen Erbes. Durchschnittlich besteht rund ein Viertel ihrer Bevölkerung aus Zugewanderten, zusätzlich zu ungefähr einem Sechstel, das mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil hat. Die Zuwanderungspolitik dieser Länder konzentriert sich hauptsächlich darauf, neue Arbeitsmigrant*innen anzuziehen, um ihren Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zu decken. Die im Ausland geborene Bevölkerung dieser Länder setzt sich deshalb größtenteils aus Arbeitsmigrant*innen und ihren begleitenden Familienangehörigen zusammen. Aufgrund der langjährigen selektiven Zuwanderung liegt der durchschnittliche Anteil der Zugewanderten mit Tertiärbildung in diesen Ländern nicht nur über dem entsprechenden Anteil in der inländischen Bevölkerung, sondern auch über dem Anteil in der Zuwanderungsbevölkerung nahezu aller anderen Länder. In Australien und Kanada ist der Anteil in den vergangenen zehn Jahren deutlich gewachsen und liegt inzwischen bei 60 bzw. 66 %.

In den klassischen Einwanderungsländern erzielen die Zugewanderten in der Regel gute Ergebnisse (Abbildung 1.9). Da es sich hauptsächlich um hochqualifizierte Arbeitsmigrant*innen und ihre Familien handelt, sind sie gut in den Arbeitsmarkt integriert, gesund und seltener von Armut und Wohnungsüberbelegung betroffen als die Zugewanderten in den meisten anderen Ländern. Auch wenn die Ergebnisse der im Inland Geborenen generell immer noch etwas besser sind (mit einigen Ausnahmen), sind die Abstände im Allgemeinen niedriger als im OECD-Raum insgesamt (Kasten 1.5). Darüber hinaus sind in diesen Ländern über vier Fünftel der Zugewanderten mit mindestens zehn Jahren Aufenthalt eingebürgert – deutlich mehr als in den meisten anderen OECD-Ländern, wo es schwieriger ist, die Staatsangehörigkeit des Aufnahmelandes zu erwerben. Das hohe Bildungsniveau der Zugewanderten scheint sich auch positiv auf ihre Kinder auszuwirken. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern schneiden die im Inland Geborenen mit im Ausland geborenen Eltern in dieser Ländergruppe sowohl in der Schule als auch auf dem Arbeitsmarkt besser ab als im Inland Geborene mit im Inland geborenen Eltern.

Wie in der letzten Ländergruppe ist auch die Nationenbildung dieser Länder wesentlich von der langfristigen Niederlassung von Zugewanderten geprägt. So machen Migrant*innen ein Fünftel der israelischen und ein Siebtel der US-amerikanischen Bevölkerung aus. Der Großteil von ihnen (rund fünf Sechstel in Israel und etwa drei Viertel in den Vereinigten Staaten) sind seit Langem ansässige Zugewanderte mit mindestens zehn Jahren Aufenthalt. Israel unterstützt die Zuwanderung der jüdischen Diaspora und in den Vereinigten Staaten ist der Familiennachzug ein wichtiges Leitprinzip der nationalen Migrationspolitik. So sind nahezu zwei Drittel der dauerhaft Zugewanderten in den Vereinigten Staaten hauptsächlich aus familiären Gründen zugewandert.

Auch wenn es in Israel und den Vereinigten Staaten anteilsmäßig weniger Arbeitsmigrant*innen gibt als in der Gruppe 1.1, erzielen die Zugewanderten (und ihre Kinder) in diesen Ländern gute Arbeitsmarktergebnisse und ein vergleichsweise großer Anteil ist hochqualifiziert (43 % in den Vereinigten Staaten und 56 % in Israel). Diese Migrant*innen tun sich allerdings schwer damit, einen Arbeitsplatz entsprechend ihrer Qualifikation zu finden, sodass rund ein Drittel der erwerbstätigen Hochqualifizierten überqualifiziert ist. In Israel sind die zugewanderten Hochqualifizierten ungefähr doppelt so häufig überqualifiziert wie die Hochqualifizierten, die im Inland geboren sind. Darüber hinaus schneiden die Zugewanderten in den Vereinigten Staaten bei den Lebensbedingungen immer noch schlechter ab als die im Inland Geborenen.

Diese Länder ziehen zahlreiche hochqualifizierte Arbeitsmigrant*innen aus dem EU-/EFTA-Raum an. Auch wenn es in diesen Ländern schon seit vielen Jahren Zuwanderung gibt, zogen in den letzten zehn Jahren besonders viele Migrant*innen mit Tertiärbildung zu. Zugewanderte mit weniger als zehn Jahren Aufenthalt im Aufnahmeland machen in diesen Ländern mindestens zwei Fünftel der Zuwanderungsbevölkerung aus.

Aufgrund des hohen Anteils an Arbeits- und Freizügigkeitsmigrant*innen (in der Schweiz 77 % und in Luxemburg 88 % der dauerhaften Zuzüge der letzten 15 Jahre), erzielen die Zugewanderten in der Regel gute Arbeitsmarktergebnisse. Mehr als 72 % der im Ausland Geborenen sind erwerbstätig und die Überqualifizierungsquoten gehören zu den niedrigsten im gesamten OECD-Raum. Die Lebensbedingungen der Zugewanderten sind allerdings weniger günstig. Insbesondere tun sich die Zugewanderten überproportional häufig schwer damit, eine angemessene Wohnung zu finden, und ihre relativen Armutsquoten liegen höher. Auch bei den Bildungs- und Arbeitsmarktergebnissen schneiden die im Inland Geborenen mit im Ausland geborenen Eltern deutlich schlechter ab als die im Inland Geborenen, deren Eltern nicht zugewandert sind. Außerdem liegen die Einbürgerungsquoten der Zugewanderten mit einer Aufenthaltsdauer von mindestens zehn Jahren immer noch auf einem niedrigen Niveau, auch wenn es in den vergangenen zehn Jahren einige Verbesserungen gab.

Die aktive „Gastarbeiterpolitik“ dieser Länder zog ab den 1950er Jahren vorwiegend geringqualifizierte Zugewanderte aus Ländern wie dem ehemaligen Jugoslawien, Türkiye und Marokko an, die während der Wirtschaftsexpansion nach dem Zweiten Weltkrieg geringqualifizierte Arbeiten verrichteten. Anstatt wie anfangs geplant nur vorübergehend zu bleiben, ließen sich viele von ihnen schließlich mit ihren Familien nieder. Das Vereinigte Königreich stellt dabei eine Ausnahme dar, da das Land – auch ohne „Gastarbeiterprogramme“ – besser qualifizierte Arbeitsmigrant*innen aus seinen ehemaligen Kolonien gewinnen konnte. Seit den 1990er Jahren nehmen die meisten Länder dieser Gruppe, insbesondere Deutschland und Österreich, auch zahlreiche humanitäre Migrant*innen auf. Aufgrund des starken Anstiegs der humanitären Migration 2015–2016 und der kontinuierlichen Zuzüge mobiler EU-Bürger*innen in den letzten zehn Jahren ist der Anteil der im Ausland Geborenen an der Gesamtbevölkerung dieser Länder gewachsen. 2020 lebten rund zwei Fünftel der Zugewanderten seit weniger als zehn Jahren in ihrem Aufnahmeland. Anders als in den ersten beiden Gruppen schwankt der Anteil der hochqualifizierten Migrant*innen in diesen Ländern lediglich zwischen 26 % und 34 %. Unter den in der EU Geborenen haben allerdings mindestens zwei Fünftel einen Tertiärabschluss (außer Deutschland, wo weniger als ein Drittel über einen Tertiärabschluss verfügen). Im Vereinigten Königreich besitzt rund die Hälfte der Zugewanderten einen Tertiärabschluss, wodurch das Bildungsniveau der Migrationsbevölkerung insgesamt steigt.

Auch wenn in diesen Ländern zahlreiche Arbeitsmigrant*innen bzw. begleitende Familienangehörige (einschließlich derjenigen, die im Rahmen der Freizügigkeit zuzogen) leben, sind die Erwerbstätigenquoten der Zugewanderten deutlich geringer als unter den im Inland Geborenen. Die Abstände gehen dabei ausschließlich auf die Zugezogenen aus Nicht-EU-Ländern zurück und betragen mindestens 6 Prozentpunkte – außer im Vereinigten Königreich, wo keine Unterschiede zu beobachten sind. Insbesondere Frauen aus Nicht-EU-Staaten finden sich nur schwer in den Arbeitsmarkt ein und schneiden dadurch deutlich schlechter ab als die entsprechende Gruppe der Männer und im Inland geborene Frauen. Die Nachteile im Zusammenhang mit dem geringen Bildungsniveau der Eltern von Zugewanderten werden häufig an die Kinder weitergegeben, die in der Folge deutlich schlechtere Bildungs- und Arbeitsmarktergebnisse erzielen als die im Inland Geborenen mit nicht zugewanderten Eltern (wobei das Vereinigte Königreich wieder eine Ausnahme bildet). Darüber hinaus sind die Zugewanderten in diesen Ländern häufiger von Armut, unzureichenden Wohnverhältnissen oder einem schlechteren subjektiven Gesundheitszustand betroffen als die im Inland Geborenen, wobei die Abstände in Deutschland und dem Vereinigten Königreich jedoch deutlich geringer ausfallen. Obwohl in Belgien ein großer Teil der Zugewanderten aus anderen EU-Ländern zuzog, sind ihre und die Ergebnisse ihrer Kinder eher mit jenen aus der Gruppe 2.3 vergleichbar als mit den Ergebnissen in Deutschland, Österreich und dem Vereinigten Königreich.

Wie in den Ländern der Gruppe 2.2 gab es auch in Frankreich und den Niederlanden sogenannte „Gastarbeiterprogramme“, um den Mangel an (geringqualifizierten) Arbeitskräften im Nachkriegsaufschwung zu decken. Daneben wanderten auch zahlreiche Arbeitsmigrant*innen und ihre Familienangehörigen aus den ehemaligen Kolonien zu, sodass eine Zuwanderungspopulation aus vorwiegend Nicht-EU-Migrant*innen entstand. Viele Zugewanderte (fast 70 % in Frankreich und 78 % in den Niederlanden) siedelten sich dabei in den städtischen Gebieten an – mit steigender Tendenz. Im Gegensatz zu den Ländern der Gruppe 2.2 machen die Neuzugewanderten in diesen Ländern nur einen kleinen Teil der Zuwanderungsbevölkerung aus. So leben rund drei Viertel der im Ausland Geborenen seit mindestens zehn Jahren in ihrem Aufnahmeland und die überwiegende Mehrheit von ihnen ist eingebürgert (62 % in Frankreich und 75 % in den Niederlanden).

Die Integrationsherausforderungen sind vergleichbar mit denen der Ländergruppe 2.2 und teilweise dadurch bedingt, dass ein erheblicher Anteil der im Ausland geborenen Bevölkerung geringqualifiziert ist (mehr als ein Viertel in den Niederlanden und ein Drittel in Frankreich). Mit großen Abständen bei den Erwerbstätigenquoten (7 Prozentpunkte in Frankreich und 16 Punkte in den Niederlanden) schneiden die Zugewanderten insbesondere auf dem Arbeitsmarkt schlechter ab als die im Inland Geborenen. Doch auch bei der relativen Armut, bei den Wohnverhältnissen und beim Gesundheitszustand erzielen die im Inland Geborenen deutlich bessere Ergebnisse, wobei sich die Unterschiede in den letzten zehn Jahren noch verschärften. Die jungen im Inland Geborenen, deren Eltern zuzogen, schneiden in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt ebenfalls deutlich schlechter ab als Gleichaltrige mit im Inland geborenen Eltern.

Die humanitäre Migration spielt seit den 1990er Jahren eine wichtige Rolle in der Migrationsentwicklung dieser Länder und führte zu einer größeren Vielfalt der Zuwanderungsbevölkerung in Bezug auf die Herkunftsländer. Den Großteil der Zugewanderten bilden (außer in Schweden) aber nach wie vor die Arbeits- und Freizügigkeitsmigrant*innen aus dem EU-/EFTA-Raum, die in Dänemark und Norwegen mehr als drei Fünftel der dauerhaften Zuzüge der letzten 15 Jahre ausmachen. Angesichts einer steigenden Arbeits- und Freizügigkeitsmigration sowie einer starken Zunahme der humanitären Migration nach der Syrienkrise 2015/2016 (mit geringeren Auswirkungen in Dänemark), ist der Anteil der im Ausland Geborenen an den Bevölkerungen dieser Länder in den letzten zehn Jahren um ein Drittel gestiegen – auf durchschnittlich 16 % im Jahr 2021. Fast die Hälfte der Zugewanderten ist folglich seit weniger als zehn Jahren in ihren Aufnahmeländern ansässig und sogar etwa ein Viertel seit weniger als fünf Jahren. Mindestens zwei von fünf Migrant*innen haben einen Tertiärabschluss. Dieser Anteil ist im Zehnjahreszeitraum bis 2020 gewachsen und inzwischen mit dem Anteil der tertiär ausgebildeten im Inland Geborenen vergleichbar.

Humanitäre Migrant*innen und ihre Familienangehörigen sowie Neuzugewanderte aus Nicht-EU-Ländern sind bei der Arbeitsmarktintegration besonders benachteiligt und erzielen in der Regel schlechtere wirtschaftliche Ergebnisse als die im Inland Geborenen. Wie auch in anderen Ländern schneiden diese beiden Gruppen auf dem Arbeitsmarkt nicht gut ab und sind darüber hinaus häufiger von relativer Armut und schlechten Wohnverhältnissen betroffen als die im Inland Geborenen. Das Gleiche trifft auch auf die im Inland Geborenen mit zugewanderten Eltern zu, die sowohl in der Schule als auch auf dem Arbeitsmarkt schlechter abschneiden als die im Inland Geborenen mit im Inland geborenen Eltern. Die soziale Integration und die Einstellungen der im Inland Geborenen zur Zuwanderung sind trotz dieser Probleme jedoch besser als in den meisten anderen europäischen Ländern. So nehmen die wahlberechtigten Zugewanderten beispielsweise deutlich häufiger an nationalen Wahlen teil, haben mehr Vertrauen in die Polizei und das Rechtssystem und engagieren sich häufiger ehrenamtlich als die Zugewanderten in anderen Ländern. Außerdem sind in Schweden sechs Siebtel der seit Langem ansässigen Zugewanderten eingebürgert, während die Einbürgerungsquoten in Dänemark und Norwegen deutlich geringer sind.

Arbeitsmigrant*innen und ihre nach- oder mitreisenden Familienangehörigen stellen den Großteil der im Ausland geborenen Bevölkerung dieser Länder. In den südeuropäischen Ländern führte die Kombination aus wirtschaftlichem Wachstum und rückläufigen Geburtenziffern ab Mitte der 1980er Jahre bis zur globalen Finanzkrise zu einem Mangel an geringqualifizierten Arbeitskräften. Diese Lücke wurde zunächst von außereuropäischen und später von mittel- und osteuropäischen Zugewanderten gefüllt. Im gleichen Zeitraum zog Costa Rica mit seiner stabilen politischen Lage und seinem günstigen Wirtschaftsumfeld immer mehr geringqualifizierte Arbeitsmigrant*innen aus Nicaragua und anderen Nachbarländern an. Durchschnittlich machen Zugewanderte rd. 11 % der Gesamtbevölkerung dieser Länder aus. In Korea, wo es viele Arbeitsmigrant*innen mit befristetem Aufenthaltstitel gibt, fällt der Anteil mit 4 % hingegen deutlich geringer aus.

In Costa Rica, Griechenland und Italien sind Zugewanderte am unteren Ende des Bildungsspektrums überrepräsentiert. Nur etwa ein Sechstel von ihnen hat einen tertiären Bildungsabschluss. In Portugal, Korea und Spanien ist dieser Anteil in den letzten zehn Jahren hingegen deutlich gewachsen und beträgt nun rund ein Drittel. Doch auch wenn die Erwerbstätigenquoten der Zugewanderten – außer in Griechenland und Spanien – insgesamt mit denjenigen der im Inland Geborenen vergleichbar sind oder sogar noch höher liegen, können Zugewanderte mit Tertiärabschluss ihre Kompetenzen nicht immer ganz zum Einsatz bringen. Tatsächlich werden sie deutlich seltener eingestellt als die im Inland Geborenen dieser Gruppe und diejenigen, die vorwiegend Tätigkeiten unterhalb ihres Qualifikationsniveaus ausüben. Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverträge und Überstunden sind unter den Zugewanderten darüber hinaus wesentlich weiterverbreitet als unter den im Inland Geborenen. Außerdem leben sie in schlechteren Wohnverhältnissen, sind etwa doppelt so häufig von Armut betroffen und leben deutlich häufiger in überbelegten Wohnungen als die im Inland Geborenen. Diese Probleme werden dabei auch an ihre Kinder weitergegeben, die sowohl in absoluter Rechnung wie auch im Verhältnis zu den Gleichaltrigen mit im Inland geborenen Eltern schlechtere Arbeitsmarktergebnisse erzielen. Portugal stellt in dem Zusammenhang eine Ausnahme dar: Dank erheblich verbesserter Integrationsergebnisse in den letzten zehn Jahren glichen sich die Überbelegungsquoten der Zugewanderten und der im Inland Geborenen deutlich an und die Armutslücke verkehrte sich (zugunsten der Zugewanderten) sogar ins Gegenteil. Im Gegensatz zu den anderen Ländern dieser Gruppe lassen sich seit Langem ansässige Zugewanderte in Portugal darüber hinaus deutlich häufiger einbürgern.

Diese Länder zogen in den letzten zehn Jahren zahlreiche Arbeitsmigrant*innen an, die vorwiegend aus dem EU-‍/EFTA-Raum kamen. Etwa ein Drittel der zugewanderten Bevölkerung Irlands und Islands lebt seit weniger als zehn Jahren im Aufnahmeland, während es in Malta und Zypern sogar 50 bzw. 60 % sind. Im Gegensatz zur vorhergehenden Gruppe besitzen in dieser Gruppe rund zwei Fünftel der Zugewanderten einen Tertiärabschluss, wobei es in Irland sogar 56 % sind.

Teilweise bedingt durch den günstigen sozioökonomischen Hintergrund der Zugewanderten, sind die Unterschiede bei den Arbeitsmarktergebnissen und den Lebensbedingungen in diesen Ländern generell marginal – falls überhaupt welche erkennbar sind. Die Ergebnisse sind allerdings von Land zu Land unterschiedlich und in bestimmten Bereichen gibt es durchaus länderspezifische Integrationsherausforderungen. So sind hochqualifizierte Zugewanderte in Island und Malta beispielsweise sehr stark von Überqualifizierung betroffen: Sie üben mit ungefähr vier- bzw. dreimal höherer Wahrscheinlichkeit eine Tätigkeit unterhalb ihres Qualifikationsniveaus aus als die im Inland Geborenen. Darüber hinaus sind Zugewanderte in Zypern etwa doppelt so häufig von relativer Armut betroffen wie die im Inland Geborenen. In Island ist die Integration ins Schulsystem für die im Inland geborenen Kinder von Zugewanderten mit Schwierigkeiten verbunden: Der Hälfte von ihnen mangelt es im Alter von 15 Jahren an grundlegender Lesekompetenz.

Die Zuwanderungsbevölkerung dieser mittel- und osteuropäischen Länder ist (wie in Ungarn) aus nationalen Minderheiten benachbarter Länder oder durch Grenzverschiebungen entstanden, die hauptsächlich mit Nationenbildung Ende des 20. Jahrhunderts zusammenhängen. Die Einbürgerungsquoten unter den seit Langem ansässigen Zugewanderten gehören deshalb zu den höchsten im OECD-Raum. Zuletzt kam es in den Ländern der Gruppe jedoch auch zu einer erheblichen Neuzuwanderung, hauptsächlich von Arbeitsmigrant*innen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa. So machen Neuzugewanderte (mit weniger als zehn Jahren Aufenthalt) rund ein Drittel der Zuwanderungsbevölkerung aus, wobei der Anteil in Bulgarien mit 41 % sogar noch größer ist. Trotz steigender Migrationszahlen machen die Zugewanderten immer noch einen relativ kleinen Teil der Gesamtbevölkerung (weniger als 7 %) aus – außer in Slowenien, wo ein Siebtel der Bevölkerung im Ausland geboren ist. Der Anteil der Zugewanderten mit Hochschulabschluss ist in allen vier Ländern gestiegen, schwankt im Ländervergleich jedoch immer noch stark (von 18 % in Slowenien bis 52 % in Bulgarien).

Bei den Integrationsergebnissen ist das Bild ähnlich gemischt: In Ungarn schneiden Zugewanderte (und ihre im Inland geborenen Kinder) auf dem Arbeitsmarkt gut ab und haben im Großen und Ganzen ähnliche Lebensbedingungen wie die im Inland Geborenen. Das ist ebenso in der Slowakischen Republik der Fall, wenn auch in geringerem Ausmaß. In Bulgarien tun sich Zugewanderte hingegen schwer damit, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, und in Slowenien sind sie überproportional häufig von relativer Armut und schlechten Wohnbedingungen betroffen.

Wie in der Ländergruppe 4.1 ist in diesen Ländern ein erheblicher Anteil der im Ausland geborenen Bevölkerung aufgrund von Grenzverschiebungen Anfang der 1990er Jahre im Ausland geboren oder gehört zur nationalen Minderheit eines Nachbarlandes. Mindestens vier von fünf Zugewanderten (und sogar 96 % in Kroatien) sind seit mehr als zehn Jahren im Aufnahmeland ansässig. In diesen Ländern – wie auch in Polen – sind die Anteile der Älteren in der Zuwanderungsbevölkerung im OECD-Raum am größten. In Estland und Lettland sind mehr als zwei Fünftel der Zugewanderten mindestens 65 Jahre alt. Vor den jüngsten Flüchtlingsbewegungen (Kasten 1.4) gab es nur wenig Neuzugänge, und diese konnten die Alterung der Zuwanderungsbevölkerung nicht ausgleichen. Die im Ausland geborene Bevölkerung dieser Länder ging deshalb in den letzten zehn Jahren zurück – ganz anders als in allen anderen OECD-Ländern (mit Ausnahme Israels und Zyperns). 2021 machten Zugewanderte in diesen Ländern rund ein Siebtel der Bevölkerung aus, wobei der Anteil in Litauen mit 6 % noch kleiner ist.

In den baltischen Ländern sind die Integrationsergebnisse eng an die Altersstruktur der im Ausland geborenen Bevölkerung geknüpft. Da viele Zugewanderte im Erwerbsalter kurz vor dem Renteneintritt stehen, sind die Erwerbsbeteiligungs- und die Erwerbstätigenquoten der im Ausland Geborenen in diesen Ländern geringer als unter den im Inland Geborenen. Darüber hinaus bietet auch der Gesundheitszustand der Zugewanderten zunehmend Anlass zur Sorge, denn sie sind überproportional häufig übergewichtig und nach eigenen Angaben seltener bei guter Gesundheit als die im Inland Geborenen, selbst nach Berücksichtigung ihres höheren Alters. Die relativen Armutsquoten der Zugewanderten sind ebenso höher als die der im Inland Geborenen (außer im Fall Litauens) und vor allem die Altersarmut hat in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen, was jedoch die Zugewanderten genauso betrifft wie die im Inland Geborenen. Da vier Fünftel der Zugewanderten jedoch Wohneigentum besitzen, sind die wohnbezogenen Integrationsergebnisse generell besser. Kroatien unterscheidet sich in Bezug auf die Integration insofern von den anderen Ländern, als dass bei den Arbeitsmarktergebnissen und den Wohnbedingungen allgemein nur kleine oder gar keine Unterschiede erkennbar sind.

In dieser Gruppe ist eine heterogene Reihe von Ländern zusammengefasst, deren Zuwanderungsbevölkerung bis in die frühen 2010er Jahre von geringem Umfang war, die in den letzten zehn Jahren jedoch zahlreiche humanitäre Migrant*innen aufnahmen. Ihre Zuwanderungsbevölkerung ist deshalb in allen vier Ländern erheblich gewachsen, insbesondere in Kolumbien. In Chile und Kolumbien wurden vorwiegend humanitäre Migrant*innen aus Venezuela aufgenommen, die die gleiche Sprache sprechen und einen relativ hohen formalen Bildungsgrad aufweisen. In Finnland und Türkiye wurden hingegen zahlreiche Geflüchtete aus asiatischen Ländern wie Syrien und dem Irak aufgenommen, wo die Bildungsniveaus gemischter sind. Die Integrationsergebnisse der vier Länder unterscheiden sich dementsprechend erheblich. Während in Chile und Kolumbien die Zugewanderten etwa häufiger erwerbstätig sind als die im Inland Geborenen, ist in Finnland und Türkiye das Gegenteil der Fall. Darüber hinaus leben in Kolumbien zwei Drittel der Zugewanderten in überbelegten Wohnungen – anteilsmäßig mehr als doppelt so viele wie unter den im Inland Geborenen. In Chile und Finnland dagegen besteht kein großer Unterschied zwischen den Wohnbedingungen der Zugewanderten und den Bedingungen der im Inland Geborenen.

Diese Länder ziehen in letzter Zeit immer mehr Arbeitsmigrant*innen aus geografisch nahe gelegenen Ländern an, da aufgrund der demografischen Alterung und des Arbeitskräftemangels zunehmend Arbeitskräfte aus dem Ausland gebraucht werden. Da die Zuzüge teilweise jedoch nur vorübergehend sind, ist die im Ausland geborene Bevölkerung immer noch relativ klein (2 % der Gesamtbevölkerung in Polen und Japan und 8 % in der Tschechischen Republik, wo ein erheblicher Anteil der im Ausland geborenen Bevölkerung durch Grenzverschiebungen in den frühen 1990er Jahren entstand). Die Bildungsniveaus der Zugewanderten in diesen Ländern variieren, wobei der Anteil der Personen mit Tertiärbildung in Polen und Japan vergleichsweise groß ist (60 % bzw. 47 %), während er in der Tschechischen Republik mit rund einem Drittel deutlich kleiner ausfällt. Da die meisten Migrant*innen zu Beschäftigungszwecken zuzogen, sind die wirtschaftlichen Integrationsergebnisse in der Regel gut. So sind die Erwerbstätigenquoten der Zugewanderten in den letzten zehn Jahren beispielsweise erheblich gestiegen und übertreffen inzwischen sogar die der inländischen Bevölkerung, wenn auch in Japan nur knapp. Die Indikatoren der Wohnbedingungen liegen nur für Polen und die Tschechische Republik vor. In diesen Ländern sind die Abstände generell kleiner als in den meisten anderen OECD-Ländern.

Diese Länder haben eine große Diaspora und die im Ausland geborenen Kinder ihrer Rückkehrer*innen stellen einen erheblichen Teil der Zuwanderungsbevölkerung. Da die Rückkehrmigration vor allem in jüngster Zeit zunahm, sind die im Ausland Geborenen in diesen Ländern deutlich jünger als im übrigen OECD-Raum. Mehr als ein Drittel der Zugewanderten ist jünger als 15 Jahre und viele haben das Erwerbsalter erst vor Kurzem erreicht. Da die Zuwanderungsbevölkerung noch relativ klein ist, liegen bislang allerdings nur wenige Daten zur Integration vor. Die bislang dünne Datenlage weist darauf hin, dass die im Ausland Geborenen trotz höherer Bildungsniveaus schlechtere Arbeitsmarktergebnisse erzielen als die im Inland Geborenen, was teilweise auf ihr jüngeres Alter zurückzuführen sein könnte. Die Abstände bei den Erwerbstätigenquoten gehen relativ weit auseinander und nahmen in den vergangenen zehn Jahren zu.

Um potenzielle Integrationsfortschritte aus einer langfristigen Perspektive zu betrachten, müssen die Integrationsergebnisse im Zeitverlauf beobachtet werden. In dieser Publikation werden mehrere Ansätze verfolgt, um den Fortschritt bei den Integrationsergebnissen zu messen. Zunächst wird die Situation der Zugewanderten und der im Inland Geborenen bei nahezu allen Indikatoren mit der Situation von vor zehn Jahren verglichen.3 Wenn möglich, werden auch die Ergebnisse der Zugewanderten mit unterschiedlicher Aufenthaltsdauer gegenübergestellt. Darüber hinaus wird der intergenerationale Fortschritt bei den Bildungsergebnissen untersucht.

Das Migrationsgeschehen im OECD-Raum hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Da immer mehr Migrant*innen in den Genuss der Freizügigkeit kommen und die humanitäre Migration in Europa und Südamerika seit 2015 zugenommen hat, ist die im Ausland geborene Bevölkerung fast überall gewachsen. Insgesamt haben sich die Integrationsergebnisse der Zugewanderten im OECD-Raum im letzten Zehnjahreszeitraum tendenziell verbessert, wobei es zwischen den Ländern und bei den Indikatoren erhebliche Unterschiede gibt.

Die Arbeitsmarktergebnisse der Zugewanderten haben sich in den OECD-Ländern nach dem langen Konjunkturabschwung, der 2007/2008 einsetzte, deutlich verbessert. Die Beschäftigungsquoten der Zugewanderten gingen im Zeitraum 2011–2021 nahezu überall nach oben, wodurch sich der bisherige Abstand zu den im Inland Geborenen verringerte. Die Unterschiede zwischen den Zugewanderten und den im Inland Geborenen bei der (Langzeit-‍)Erwerbslosigkeit, der unfreiwilligen Teilzeitbeschäftigung, der befristeten Beschäftigung und der Überqualifizierung gingen in den meisten Ländern ebenfalls zurück. Diese positiven Entwicklungen fanden statt, obwohl sich die Coronapandemie unverhältnismäßig stark auf die zugewanderte Arbeitsbevölkerung auswirkte. Die Krise brachte den Fortschritt der letzten zehn Jahre zwar vorübergehend zum Stillstand, die Ergebnisse der Zugewanderten erholten sich jedoch schneller als die der im Inland Geborenen. In den meisten Ländern lagen sie 2021 wieder auf Vorkrisenniveau oder sogar darüber.

Triebfedern dieses Fortschritts sind möglicherweise nicht nur bessere arbeitspolitische Maßnahmen und ein günstigeres Wirtschaftsumfeld, sondern auch eine veränderte sozioökonomische Zusammensetzung der Zuwanderungsbevölkerung. 2020 hatte nahezu die Hälfte aller Neuzugewanderten (mit weniger als fünf Jahren Aufenthalt) im OECD-Raum einen Hochschulabschluss, verglichen mit weniger als einem Drittel zehn Jahre zuvor. Da ein hoher Bildungsgrad den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, waren Neuzugänge 2021 in mehr als zwei Dritteln der Länder mit größerer Wahrscheinlichkeit erwerbstätig als vor zehn Jahren. So ist die Erwerbstätigenquote der Neuzugewanderten in der EU um rd. 4 Prozentpunkte und in den Vereinigten Staaten und Kanada sogar noch deutlicher gewachsen.

Auch die im Inland geborenen Kinder mit im Ausland geborenen Eltern holen in den meisten Ländern allmählich gegenüber den Gleichaltrigen mit im Inland geborenen Eltern auf – sowohl bei den schulischen Leistungen als auch bei den Arbeitsmarktergebnissen. Zwei Drittel der Länder verzeichneten im Zeitraum 2009–2018 einen Fortschritt bei der Leseleistung der Kinder von Zugewanderten, während die Lesekompetenz der Kinder der im Inland Geborenen sowohl in der EU als auch im OECD-Raum auf dem gleichen Niveau verharrte. Darüber hinaus haben sich – trotz Coronapandemie – alle wesentlichen Arbeitsmarktindikatoren (Beschäftigungs-, Erwerbslosen- und Überqualifizierungsquote) der jungen Erwachsenen in der EU im Zeitraum 2012–2020 verbessert. Die jungen im Inland Geborenen mit im Ausland geborenen Eltern konnten dabei noch größere Fortschritte erzielen als die Gleichaltrigen mit im Inland geborenen Eltern. Außerhalb der EU wiederholte sich das Muster in der Regel jedoch nicht.

Bei den Lebensbedingungen der Zugewanderten zeigt sich ein gemischteres Bild. In rund der Hälfte der Länder gingen die relativen Armutsquoten unter den Zugewanderten stärker zurück als unter den im Inland Geborenen, während sie in der anderen Hälfte der Länder unter den im Ausland Geborenen stärker zunahm als unter den im Inland Geborenen. Bei den Überbelegungsquoten zeigt sich ein ähnliches Muster. Nur bei der Gesundheit erzielten die meisten Länder in den 2010er Jahren sowohl bei den im Ausland als auch bei den im Inland Geborenen deutliche Fortschritte. Die Coronapandemie hat diese Entwicklung offensichtlich nicht gestoppt, wobei dies jedoch auch auf verzerrte Eigenangaben oder die Tatsache zurückzuführen sein könnte, dass die Befragungen in manchen Ländern vor der weltweiten Ausbreitung der Krankheit durchgeführt wurden. Die Fortschritte bei den Wohnbedingungen sind ebenfalls von Land zu Land unterschiedlich. In der EU gingen die Überbelegungsquoten unter den Zugewanderten beispielsweise insgesamt nach oben und unter den im Inland Geborenen nach unten, was außerhalb der EU aber nicht der Fall war. Doch auch innerhalb der EU zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern. Während sich die Lebensbedingungen der Zugewanderten in Portugal und Finnland immer mehr jenen der im Inland Geborenen annähern (außer bei den Wohnverhältnissen in Finnland), vergrößerte sich in den Niederlanden, Schweden und Frankreich der Abstand.

Die Entwicklung der Indikatoren der sozialen Integration und des zivilgesellschaftlichen Engagements ist ebenfalls gemischt. In nahezu zwei Dritteln der Länder gingen die Einbürgerungsquoten in den letzten zehn Jahren zurück – teilweise aufgrund strengerer Voraussetzungen, aber auch weil sich die Zusammensetzung der Zuwanderungsbevölkerung veränderte. Darüber hinaus ging die EU-weite Wahlbeteiligung der Zugewanderten, die die Staatsangehörigkeit ihres Aufnahmelandes besitzen, im Zeitraum 2012–2020 im Vergleich zum Zeitraum 2002–2010 bei den nationalen Wahlen zurück, während in den Vereinigten Staaten das Gegenteil beobachtet wurde. Das Vertrauen in die öffentlichen Institutionen, darunter das Parlament, ist in der EU in den vergangenen zehn Jahren unter den Zugewanderten jedoch gewachsen, und zwar stärker als unter den im Inland Geborenen. Was den sozialen Zusammenhalt betrifft, ist das Bild ähnlich ambivalent: Obwohl die im Inland Geborenen in der EU inzwischen positiver zur Migration eingestellt sind als noch vor zehn Jahren, hat die wahrgenommene Diskriminierung zugenommen.

Eine weitere Möglichkeit, den Fortschritt im Integrationsprozess zu messen, ist die Gegenüberstellung der Ergebnisse von Zugewanderten mit unterschiedlicher Aufenthaltsdauer im Aufnahmeland. In der Regel verbessern sich die Integrationsergebnisse mit zunehmender Aufenthaltsdauer im Aufnahmeland. Je nach Migrationskategorie gibt es dabei jedoch beträchtliche Unterschiede.

Abbildung 1.11 zeigt die EU-weiten Erwerbstätigenquoten nach Migrationsgrund, Aufenthaltsdauer und Geschlecht. Die Ergebnisse sollten allerdings mit Vorsicht interpretiert werden, da die Nichtantwortquoten bei der Frage nach dem Migrationsgrund in Österreich, Estland und Dänemark relativ hoch sind (über 40 %). Besonders sichtbare Fortschritte bei der Arbeitsmarktintegration erzielen humanitäre Migrant*innen und nach- oder mitreisende Familienangehörige, die bei ihrer Ankunft generell nur eine geringe Arbeitsmarktbindung aufweisen. 2021 war nur etwa die Hälfte der neuzugewanderten Männer, die aus familiären Gründen zuzogen, erwerbstätig. Die EU-weiten Erwerbstätigenquoten der neuzugewanderten Männer, die aus humanitären Gründen zuzogen, waren ähnlich, obwohl diese Gruppe in den meisten Ländern tendenziell schlechter abschneidet. Hauptgrund dafür sind die guten Arbeitsmarktergebnisse neuzugezogener venezolanischer Geflüchteter in Spanien, weil ihre gemeinsame Sprache, familiäre Bindungen und hohe Bildungsniveaus ihre Integration erleichtern. Nach zehn Jahren Aufenthalt erreichen die Werte der aus humanitären oder familiären Gründen zugewanderten Männer mit 70 % ihren Höhepunkt, liegen damit aber immer noch etwas unter dem Niveau der im Inland geborenen Männer (74 %).

Mit einer Erwerbstätigenquote von weniger als einem Drittel bzw. einem Viertel in den ersten fünf Aufenthaltsjahren tun sich Frauen, die aus familiären oder humanitären Gründen zuwandern, noch schwerer damit, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Nach zehn Jahren Aufenthalt erreichen beide Gruppen allerdings eine Quote von nahezu 60 %. Aus Arbeitsgründen zugezogene Männer und Frauen weisen zu Beginn ihres Aufenthalts hingegen beide eine hohe Erwerbstätigenquote auf, welche mit zunehmender Aufenthaltsdauer jedoch leicht zurückgeht.

Bei einigen Indikatoren ist es möglich, retrospektiv die Ergebnisse der Eltern zu betrachten, sodass eine Messung des Integrationsfortschritts über die Generationen hinweg möglich ist. Ein Beispiel ist die Statistik der Europäischen Union über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2019, die den höchsten Bildungsabschluss der Eltern abfragt. So kann die intergenerationale Bildungsmobilität der im Inland Geborenen mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil mit jener von Gleichaltrigen verglichen werden, deren Eltern beide im Inland geboren sind. Da für junge Menschen mit hochqualifizierten Eltern kein Bildungsaufstieg möglich ist, werden sie in dieser Analyse nicht berücksichtigt. Die Daten zeigen, dass die im Inland Geborenen mit zwei im Ausland geborenen Elternteilen oder aus gemischtem Elternhaus den Bildungsaufstieg mit höherer Wahrscheinlichkeit schaffen als Gleichaltrige mit im Inland geborenen Eltern. In der EU erreichten 54 % der ersten Gruppe ein höheres Bildungsniveau als ihre Eltern, verglichen mit nur 47 % der zweiten Gruppe (Abbildung 1.12).

Eine weitere Möglichkeit, den intergenerationalen Fortschritt über mehrere Länder hinweg zu messen, ist ein Vergleich der Ergebnisse im Inland geborener Kinder von Zugewanderten mit jenen von Gleichaltrigen, die im Kindesalter zuzogen. Bei dieser Methode werden die Ergebnisse der beiden Gruppen zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen Umfeld erhoben. Die Schlussfolgerungen zum Fortschritt bei der intergenerationalen Integration sind jedoch wahrscheinlich verzerrt, weil die Eltern derjenigen, die im Kindesalter zuwanderten, und derjenigen, die im Inland geboren sind, zu verschiedenen Zeitpunkten in die Aufnahmeländer kamen. Zeigen Neuzugewanderte von Anfang an bessere (oder schlechtere) Integrationsergebnisse, führt ein Vergleich ihrer Ergebnisse mit den Ergebnissen der Kinder aus früheren Kohorten dazu, dass der intergenerationale Integrationsfortschritt (zu hoch) oder zu niedrig eingeschätzt wird. Auf der Grundlage dieser Methode weisen die Ergebnisse aus Kapitel 7 darauf hin, dass sich bestimmte Integrationsergebnisse über die Generationen verbessert haben. Die im Inland geborenen Kinder im Ausland geborener Eltern schneiden bei den Schulleistungen und den Wohnbedingungen OECD-weit besser ab als gleichaltrige Zugewanderte, die vor dem Alter von 15 Jahren zuzogen. Bei den arbeitsmarktbezogenen Integrationsindikatoren (Erwerbstätigkeit, Erwerbslosigkeit und Überqualifizierung) erzielen sie hingegen ähnliche oder schlechtere Ergebnisse. Möglicherweise ist das jedoch teilweise auf einen durchschnittlich günstigeren sozioökonomischen Hintergrund der jüngeren Zuwanderungskohorten zurückzuführen.

Da die Zahl der Zugewanderten und ihrer Kinder in den EU- und den OECD-Ländern zunimmt, steht ihre Integration in vielen Ländern nach wie vor weit oben auf der politischen Tagesordnung. Das Monitoring der Integrationsergebnisse auf internationaler Ebene kann in dem Zusammenhang entscheidende Erkenntnisse liefern. Es hilft dabei, Benchmarks festzulegen, gemeinsame Integrationsherausforderungen verschiedener Länder sichtbar zu machen und nützliche Informationen zusammenzutragen, die eine nationale Sichtweise nicht hergibt. Da die unterschiedlichen Integrationsergebnisse auch von der Zusammensetzung der jeweiligen Zuwanderungsbevölkerung abhängen, sind internationale Vergleiche von Ländern, deren zugezogene Bevölkerung ähnliche Merkmale aufweist, dabei besonders aufschlussreich. Vor diesem Hintergrund wurden die OECD- und EU-Länder in diesem Bericht in 13 Ländergruppen eingeteilt, die sich im Umfang und Aufenthaltszweck ihrer Zuwanderungsbevölkerung sowie in ihrer Migrationserfahrung ähneln. Auch wenn die Integrationsergebnisse von Land zu Land sehr unterschiedlich sind, stehen doch alle Länder vor gewissen Herausforderungen und es gibt kein für alle gültiges Vorbild. In der Tat liegen die Zugewanderten und ihre Kinder in den meisten Ländern und Integrationsbereichen hinter den im Inland Geborenen und deren Kindern zurück. In einigen Bereichen wurden in den letzten zehn Jahren jedoch erhebliche Fortschritte erzielt, gerade auch bei der Arbeitsmarktintegration der Zugewanderten. Ausschlaggebend dafür waren die höheren Bildungsniveaus der Neuzugewanderten, bessere integrationspolitische Maßnahmen und günstigere Arbeitsmarktbedingungen als vor zehn Jahren. Darüber hinaus verbessern sich die Integrationsergebnisse der Zugewanderten generell mit zunehmender Aufenthaltsdauer und über die Generationen. So ermutigend diese Ergebnisse auch sind: Bis die Unterschiede zwischen den Zugewanderten (und ihren Kindern) und den im Inland Geborenen (und deren Kindern) vollständig ausgeglichen sind, ist es noch ein weiter Weg.

Tabelle 1.A.1 gibt einen Überblick über die Merkmale und Integrationsaspekte, die in dieser Publikation berücksichtigt wurden. Dies wird durch eine detaillierte Liste der Indikatoren für die einzelnen Bereiche ergänzt.

Nach den drei früheren Publikationen der Jahre 2012, 2015 und 2018 ist dies nun die vierte Ausgabe von Indikatoren der Integration von Zugewanderten. Um den Sachverhalt der Integration ganzheitlich zu erfassen und in einem leicht verständlichen Format zu behandeln, enthält die diesjährige Fassung eine Reihe von Neuerungen.

Zunächst wurden angesichts aktueller Integrationsherausforderungen eine Reihe neuer Indikatoren hinzugefügt. So hat die Coronapandemie z. B. gezeigt, wie sehr das Gesundheitsrisiko von der Lebensweise der Menschen und ihrem Zugang zu Gesundheitsversorgung abhängt. Daneben machten die pandemiebedingten Lockdowns deutlich, wie wichtig es ist, über einen angemessenen Wohnraum zu verfügen. Vor diesem Hintergrund wird in dieser Ausgabe von Indikatoren der Integration von Zugewanderten eine breitere Palette von Indikatoren zu den Lebensbedingungen erörtert. Hinzugekommen sind Aspekte in Bezug auf Wohnen und Gesundheit, darunter die Quote der Überbelastung durch Wohnkosten, die Merkmale der Wohngegend, gesundheitliche Risikofaktoren und der Zugang zu Gesundheitsversorgung. Um die Problematik der Marginalisierung zu erfassen, wurde außerdem ein Indikator zu den Risiken im Hinblick auf Armut und soziale Ausgrenzung aufgenommen.

Darüber hinaus rückt die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung auf der politischen Agenda immer weiter nach oben. Um diese Entwicklung näher zu untersuchen, finden sich in der Ausgabe mehrere neue Indikatoren zur sozialen Integration, darunter zur Teilnahme an Freiwilligenorganisationen. Da der soziale Zusammenhalt – ein entscheidender Faktor für Integration – auch von den Ansichten der Gesellschaft des Aufnahmelandes abhängt, beinhaltet das Kapitel auch mehrere neue Indikatoren über die Einstellungen der im Inland Geborenen zur Integration. Darüber hinaus wird ihr Meinungsbild zur Entwicklung der Integrationsergebnisse den tatsächlichen Werten gegenübergestellt.

Die dritte Neuerung ist ein eigenes Kapitel über die Integration älterer Zugewanderter, d. h. der im Ausland Geborenen im Alter von über 64 Jahren. Diese Gruppe, die in vielen OECD- und EU-Ländern schnell wächst, ist generell mit mehreren Risiken konfrontiert. Dennoch ist bislang nur relativ wenig über ihre Integrationsergebnisse bekannt. Da ältere Migrant*innen in der Regel nur selten in den Bildungs- und Arbeitsstatistiken erscheinen, liegt der Schwerpunkt des Sonderkapitels auf ihren Wohnbedingungen.

Abschließend gibt es zu der Publikation erstmals auch eine umfassende interaktive Website. Dank der neuesten Fortschritte in der Datenvisualisierung ist das webbasierte Tool in der Lage, die Indikatoren dieser Ausgabe benutzerfreundlich darzustellen. Es besteht soweit möglich aus vier Teilen: 1. Deckseite mit Link zur vollständigen Publikation, 2. vergleichender Überblick über die Integrationsergebnisse, 3. Navigationsbereich nach Kapiteln und 4. Metadaten. Im Navigationsbereich, dem Herzstück des Tools, können verschiedene Integrationsindikatoren im Vergleich zur Situation vor zehn Jahren angezeigt werden. Neben den Durchschnittswerten können die meisten Indikatoren auch auf einer stärker disaggregierten Ebene dargestellt werden. Die interaktiven Abbildungen und Tabellen mit indikatorspezifischen Erläuterungen sollen ein besseres Verständnis fördern und die Arbeiten zu den Indikatoren der Integration der Zugewanderten sichtbarer machen. Das Webtool ist über eine spezielle Website erreichbar (oe.cd/indicators-immigrant-integration).

Die in dieser Publikation erfassten Indikatoren beruhen hauptsächlich auf Daten aus Haushaltserhebungen. Anders als Volkszählungen, die in aller Regel nur alle fünf oder zehn Jahre durchgeführt werden und nur ein begrenztes Spektrum von Integrationsergebnissen abdecken, finden Haushaltserhebungen häufiger (oft jährlich) statt und liefern daher eine breitere Datengrundlage für die Integrationsergebnisse. Amtliche Daten stehen außerdem nur für wenige Länder zur Verfügung und folgen bestimmten einzelstaatlichen Regeln und Definitionen (z. B. bei der Erfassung der Erwerbstätigkeit), während Haushaltsumfragen normalerweise standardisiert erhoben werden. Aber dennoch sollten bestimmte Einschränkungen berücksichtigt werden.

Erstens können bestimmte Gruppen von Zugewanderten durch das Raster der Datenerhebung fallen, da sich die Zielpopulation auf Menschen beschränkt, die in gewöhnlichen Wohnungen leben. Undokumentierte Zugewanderte und Zeitarbeiter*innen, internationale Studierende in Wohnheimen und humanitäre Migrant*innen, die in Flüchtlingslagern untergebracht sind, werden so möglicherweise nicht erfasst. In einigen Ländern machen diese Gruppen einen erheblichen Teil der Zuwanderungsbevölkerung aus. In Türkiye wurden bei der EU-Arbeitskräfteerhebung (EU-LFS) 2021 beispielsweise nicht einmal 1 Million in Asien geborene Zugewanderte im Erwerbsalter erfasst – tatsächlich leben jedoch 2,2 Millionen Geflüchtete im Erwerbsalter allein aus Syrien in dem Land.

Zweitens beruht diese Publikation auf Erhebungen aus verschiedenen Quellen, um möglichst viele Länder abzudecken. Weil die Fragen – gerade auch bei sozialen Aspekten und den Wohnbedingungen – aber unterschiedlich gestellt werden, ist es nicht immer möglich, die verschiedenen Datenquellen zu harmonisieren. Die durchschnittlichen Teilnahmequoten an Freiwilligenorganisationen, die sich aus den beiden länderübergreifenden Erhebungen ergeben, aus denen sich die Daten der Publikation speisen, wurden beispielsweise unterschiedlich gemessen (Mitgliedschaft vs. Teilnahme im vergangenen Monat). Die Ergebnisse der beiden Erhebungen sind daher nicht völlig vergleichbar. Dennoch liefern beide Erhebungen hilfreiche Erkenntnisse zu den Unterschieden zwischen Zugewanderten und den im Inland Geborenen – dem Schwerpunkt dieser Publikation.

Drittens lassen sich manche Ergebnisse leichter messen als andere. Viele Indikatoren der sozialen Integration oder zu gesundheitsbezogenen Ergebnissen beruhen auf subjektiven Messungen wie Einstellungen, Eindrücken und Wahrnehmungen. Diese werden in der Regel nicht nur erheblich durch den länderspezifischen Kontext der Erhebungen beeinflusst, sondern auch durch die allgemeine Sensibilisierung für das Thema, die öffentliche Debatte oder stark mediatisierte Ereignisse zum Zeitpunkt der Erhebung. So gehen Länderunterschiede bei der wahrgenommenen Diskriminierung nicht nur auf die Häufigkeit der Diskriminierungsvorfälle zurück, sondern auch darauf, inwieweit die Zugewanderten für das Thema sensibilisiert sind.

Viertens erschwerte die Coronapandemie die Erhebung zahlreicher Daten. Die gesundheitliche Lage führte zu personellen Engpässen und die Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie zogen die Felduntersuchungen im OECD-Raum in die Länge. Viele Erhebungen wurden deshalb verschoben und die nationalen Arbeitskräfteerhebungen, die weitergeführt wurden, zeigten häufig ein stark von der Krise geprägtes Bild. Dies änderte sich 2021, als Daten zur Erwerbsbevölkerung allmählich wieder verfügbar wurden. Die Indikatoren zur Erwerbsbevölkerung beruhen zwar nahezu alle auf aktuellen Daten, doch es gibt einige Indikatoren, die auf Daten basieren, die vor Beginn der Pandemie erhoben wurden.

Da die meisten Haushaltserhebungen in regelmäßigen Abständen erfolgen, sind bei nahezu allen Indikatoren Vergleiche im Zeitverlauf möglich. Neben strukturellen Veränderungen in der Zuwanderungsbevölkerung im Lauf der Zeit können methodische Änderungen die Vergleichbarkeit aufgrund von sogenannten „Brüchen in den statistischen Zeitreihen“ beeinträchtigen. Ein Beispiel dafür ist die EU-Arbeitskräfteerhebung (EU-LFS) 2021. Um die Harmonisierung zu verbessern, wurde das Erhebungsdesign der EU-LFS durch die neue Rahmenverordnung für eine integrierte europäische Sozialstatistik (IESS-Verordnung) an mehreren Stellen geändert. Dies umfasst u. a. die eingeschränkte Nutzung papiergestützter Befragungen, harmonisierte Definitionen der Zielpopulation (alle Personen in gewöhnlichen Haushalten, die mindestens sechs Monate eines Jahres in einem Aufnahmeland leben) und eine feste Reihenfolge der Fragen. Außerdem gibt es jetzt eindeutige Regeln in Bezug auf die Schätzungen des Arbeitsmarktstatus von mitarbeitenden Familienangehörigen, Personen in Elternzeit oder Saisonbeschäftigten in der Nebensaison. Die Auswirkungen dieser Änderungen sind von Land zu Land unterschiedlich, je nachdem, welche Definitionen vor der IESS verwendet wurden. Aufgrund des Bruchs in der Zeitreihe werden in dieser Publikation alle wesentlichen Arbeitsmarktergebnisse vor 2021 mithilfe eines länderspezifischen Bereinigungsfaktors (beruhend auf dem Quotienten zwischen den bereinigten und den unbereinigten Werten von Eurostat) angepasst. Da es keine nach Geburtsland aufgeschlüsselten bereinigten Werte gibt, wurden bei den Ergebnissen der im Ausland Geborenen und der im Inland Geborenen die gleichen Korrekturfaktoren verwendet. Es wird also davon ausgegangen, dass der Bruch in der Zeitreihe die im Inland Geborenen und die im Ausland Geborenen in gleicher Weise betrifft.

Anmerkungen

← 1. Der EU-Aktionsplan für Integration und Inklusion 2021–2027 betrifft Drittstaatsangehörige und EU-Bürger*innen „mit Migrationshintergrund“, d. h. einerseits Bürger*innen, die Staatsangehörige eines Drittstaates waren und durch Einbürgerung inzwischen Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats sind, und andererseits EU-Bürger*innen, die durch ihre im Ausland geborenen Eltern den „Migrationshintergrund“ eines Drittstaates haben.

← 2. Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet hier die 2019–2020 durchgeführte Studie TeO2 (Trajectoires et Origines 2) in Frankreich, in der das Geburtsland aller vier Großeltern der Befragten abgefragt wurde.

← 3. Die Wahl der Zeitspanne von zehn Jahren hat praktische Gründe. Während manche Indikatoren (wie die Erwerbstätigenquoten) von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausfallen, sind andere strukturell bedingt und verändern sich deshalb erst nach einer gewissen Zeit (z. B. Bildungsergebnisse und Wohnbedingungen).

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