Überblick

Brandenburgs Wirtschaft befindet sich im Strukturwandel. Die Kohleförderung im Land läuft aus, während die Landesregierung versucht, die Entwicklung fortschrittlicher Fertigungsverfahren zu fördern und die Kapazität für innovative Tätigkeiten zu erhöhen. Gleichzeitig altert die brandenburgische Erwerbsbevölkerung; es ist auch zu erwarten, dass die Menschen in Brandenburg länger am Arbeitsmarkt teilnehmen werden als in der Vergangenheit. Insgesamt ist durch den Strukturwandel mit erheblichen technologischen und sozialen Veränderungen zu rechnen und diese Entwicklungen werden die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nach höher qualifizierten Arbeitskräften voraussichtlich deutlich erhöhen.

Maßnahmen zur Weiterbildung werden daher immer wichtiger, um hochqualifizierte Arbeitskräfte im Land Brandenburg zu halten. Dies erhöht die Erwartung an die brandenburgischen Hochschulen im Hinblick auf den Ausbau ihres Weiterbildungsangebots für Erwachsene, die ihre Qualifikationen auf höherem Niveau erneuern oder erweitern wollen. Allerdings sind die öffentlichen Hochschulen bisher nur marginale Anbieter. Ein Hemmnis für die Entwicklung einer stärkeren Weiterbildungsorientierung sind Unsicherheiten über die Verwendung ihrer Ressourcen aus öffentlichen Mitteln für Weiterbildungsprogramme vor dem Hintergrund der Beihilfepolitik der Europäischen Union (EU).

Der vorliegende Bericht analysiert die Gründe für diese Rechtsunsicherheit und gibt Empfehlungen an die Landesregierung und die öffentlichen Hochschulen in Brandenburg zum Umgang mit der beihilferechtlichen Thematik. Darüber hinaus werden Anhaltspunkte für die Auslegung und künftige Reform des EU-Beihilferechtsrahmens in Bezug auf wissenschaftliche Weiterbildung gegeben.

Hochschulen, die erwägen, ihre Ressourcen aus öffentlichen Mitteln für die Weiterbildung zu verwenden, müssen dies im Lichte der EU-Beihilfevorschriften betrachten. Die EU-Beihilfepolitik soll sicherstellen, dass öffentliche Subventionen (staatliche Beihilfen) nicht von Unternehmen zu unlauterem Wettbewerb oder von staatlichen Akteuren zur Verdrängung von Marktteilnehmern (Wirtschaftstätigkeit) verwendet werden. Die Weiterbildung ist im Brandenburgischen Hochschulgesetz als gesetzliche Aufgabe der staatlichen Hochschulen definiert, ebenso wie die grundständige Lehre und die Forschung. Hochschulforschung und -Lehre werden als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten eingestuft und unterliegen nicht den EU-Beihilfevorschriften. Allerdings haben weder die Europäische Kommission noch der Europäische Gerichtshof klare Vorgaben gemacht, ob die Weiterbildung als nicht-wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden kann und damit von den EU-Beihilfevorschriften ausgenommen ist. Derzeit werden die einzelnen Weiterbildungsprogramme von Fall zu Fall als wirtschaftlich oder nicht-wirtschaftlich beurteilt. Auch das zuständige Bundesgremium, die Kultusministerkonferenz, hat in Beihilfefragen nicht für ausreichende Klarheit gesorgt.

Die Hochschulen sind mit der Gefahr konfrontiert, nicht mit den EU-Beihilfevorschriften konform zu gehen, was dazu führen kann, dass ihre gesamte Grundfinanzierung zurückgefordert werden könnte. Dies hat zur Folge, dass die Hochschulen in Brandenburg dazu neigen, Weiterbildung nicht oder eher im Hochpreissegment anzubieten oder über assoziierte Institute zu managen.

Dieser Bericht enthält eine (vom OECD-Projektteam bei KPMG Law in Auftrag gegebene) rechtliche Analyse des EU-Beihilferechts bezogen auf wissenschaftliche Weiterbildung.

Die Analyse beginnt mit einer Untersuchung, ob und unter welchen Umständen ein Weiterbildungsprogramm als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden muss. Anschließend werden die Fälle betrachtet, in denen ein Programm zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, aber Merkmale enthält, die zu Ausnahmen und Befreiungen von Beihilfetatbeständen führen können. Im Rahmen der Analyse haben sieben der acht öffentlichen brandenburgischen Hochschulen Angaben zu ihren aktuellen Weiterbildungsangeboten gemacht. Diese Angebote werden anhand der Kriterien und Grundsätze, die sich aus der Analyse ergeben haben, bewertet. Zuletzt wird ein Schema entwickelt, das es den Hochschulen erleichtern soll, eine systematische Analyse eines Weiterbildungsangebots im Hinblick auf das EU-Beihilferecht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der Entscheidungen der Europäischen Kommission durchzuführen.

Dieser Bericht enthält – auf der Grundlage der rechtlichen Analyse - Empfehlungen zur:

  • Die Europäische Kommission sollte aufgefordert werden, die beihilferechtlichen Vorschriften für die öffentliche Finanzierung der Weiterbildung an Hochschulen zu vereinfachen und zu präzisieren.

  • Die brandenburgische Landesregierung sollte sich gemeinsam mit den anderen Bundesländern und dem Bund bei der Europäischen Kommission dafür einsetzen, dass die Bewertung der Weiterbildung als wirtschaftlich oder nicht-wirtschaftlich kodifiziert wird, und zwar nach dem Vorbild der Auftragsforschung an Hochschulen, die im Entwurf des Gemeinschaftsrahmens für Forschung und Entwicklung (FuE) kodifiziert ist.

  • Die Hochschulen sollten ein standardisiertes Verfahren zur Einstufung von Weiterbildung verwenden, das sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der Verwaltungspraxis der Europäischen Kommission orientiert und auch die Preise/Entgelte entsprechend festlegen.

  • Die Hochschulen sollten ihre Entscheidungsprozesse zur Einstufung von Weiterbildungsprogrammen sowie zur Kostenkalkulation und Gebührenfestsetzung für Programme detailliert dokumentieren.

  • Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) sollte eine Richtlinie formulieren, die den Prozess der Einstufung von Weiterbildungsangeboten, die beihilferechtskonforme Ausgestaltung eines Weiterbildungsangebots und die möglichen Ausnahmen und Befreiungen vom Beihilfeverbot beschreibt.

  • Das MWFK sollte diese Richtlinie der Europäischen Kommission zur Notifizierung vorlegen.

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