4. Weiterbildungspraxis an brandenburgischen Hochschulen

Die Abgrenzungskriterien des Beihilferechts der Europäischen Union (EU) sind in Kapitel 3 herausgearbeitet worden. In diesem Kapitel wird nun der Frage nachgegangen, inwieweit die Weiterbildungsangebote brandenburgischer Hochschulen die Grenzen nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten einhalten.

Im Land Brandenburg sind acht staatliche Hochschulen ansässig – vier Universitäten (Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, und Universität Potsdam) und vier Fachhochschulen (Technische Hochschule Brandenburg in Brandenburg an der Havel, Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Fachhochschule Potsdam, und Technische Hochschule Wildau) – sowie zwei staatliche Verwaltungshochschulen. Daneben gibt es zwei Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft und drei private Hochschulen.

Grundlage für die Diskussion in diesem Kapitel sind die Angaben von sieben der acht öffentlichen Hochschulen in Brandenburg1, die mittels eines Fragebogens ermittelt wurden, um der rechtlichen Betrachtung eine empirische Basis zu geben.

Der Fragebogen sollte zunächst die grundsätzliche Vorgehensweise und die grundsätzlichen Umgangsformen mit Fort- und/oder Weiterbildung jeglicher Art an den Hochschulen des Landes Brandenburg erkunden. Außerdem sollte er einen Überblick über die Angebote der brandenburgischen Hochschulen und das Umfeld verschaffen helfen, in dem sich diese Angebote bewegen.

Der Fragebogen ist entsprechend in zwei Abschnitte aufgeteilt. Im ersten Abschnitt zielen die Fragen darauf ab, den Wissensstand der teilnehmenden Hochschulen in Bezug auf die Einordnung von Angeboten auf ihre EU-beihilferechtliche Relevanz zu erfahren. Im zweiten Abschnitt zielen die Fragen hingegen darauf ab, mehr über die unterschiedlichen Angebote von brandenburgischen Hochschulen im Bereich Weiterbildung zu erfahren. Die entsprechenden Kategorien von Weiterbildungsangeboten werden im Folgenden als Cluster zugrunde gelegt. Es handelt sich um:

  • Weiterbildungsstudiengänge etwa in Form von MBA-Abschlüssen;

  • Studiengangsmodule und Zertifikatskurse;

  • berufliche Fortbildungsveranstaltungen;

  • außercurriculare Sprachkurse;

  • Weiterbildungen wie Vorträge, Kurse, Workshops, die sowohl Studierenden als auch Dritten zugänglich sind; und

  • kooperative Studiengänge.

Die Antworten zu dem ersten Abschnitt zeigen, dass die teilnehmenden Hochschulen in der weit überwiegenden Mehrheit in ihrer alltäglichen Arbeit mit den relevanten Begriffen zur Einordnung der EU-beihilferechtlichen Relevanz einer Tätigkeit arbeiten und die wesentlichen Unterscheidungen kennen.

Der gesetzliche Rahmen ist den teilnehmenden Hochschulen grundsätzlich bekannt. Weniger als die Hälfte der Befragten kannte jedoch die DAWI-Mitteilung oder den Begriff der mit dem Binnenmarkt vereinbaren Beihilfe. Ein Prüfungsraster zur Unterscheidung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten gibt es an fast jeder der befragten Hochschulen. Fünf der sieben Hochschulen organisieren die Fort- und Weiterbildung entweder über einen Zweckbetrieb oder einen Betrieb gewerblicher Art.

Die Fragen in diesem Cluster betreffen Weiterbildungsstudiengänge, zum Beispiel in Form von MBA- Abschlüssen. Sechs der sieben Hochschulen, die die Fragen beantwortet haben, bieten einen derartigen Abschluss an. Diese Studiengänge werden weit überwiegend gegen Entgelt angeboten. Zwei Drittel der Angebote orientieren sich an einer Berechnung der Vollkosten (siehe Anhang A für eine Darstellung der Berechnungsmethoden), ein Drittel wird auf Teilkostenbasis angeboten. Von denen, die mit Teilkosten kalkulieren, gaben alle an, dass der Entgeltanteil maximal 50 % beträgt. Nur eine der Hochschulen sieht sich bei den entsprechenden Angeboten nicht in Konkurrenz zu privaten Anbietern, drei der Antwortenden gaben an, jedenfalls teilweise Angebote in Konkurrenz zu privaten Anbietern zu erbringen. Zwei Antworten deuten darauf hin, dass Angebote Privater mangels der nötigen Sachkenntnis und/oder mangels der nötigen Ressourcen nicht angeboten werden, während andere zwei gaben an, dass sie nicht wüssten, warum private Anbieter diese Programme nicht anbieten, und eine die Ansicht vertrat, dass nur öffentliche Hochschuleinrichtungen solche Programme anbieten können.

Dieser Cluster bezieht sich auf Studiengangsmodule oder sogenannte Zertifikatskurse, die nicht Teil eines vollständigen Studiengangs sind. Jede der sieben Hochschulen bietet derartige Veranstaltungen an, die von sechs der sieben Hochschulen ausschließlich gegen Entgelt angeboten werden. Die Kalkulation erfolgt dabei stets auf Vollkostenbasis. Alle Hochschulen sehen sich hierbei (zwei davon zumindest teilweise) in Konkurrenz zu privaten Anbietern.

Berufliche Fortbildungsveranstaltungen können ohne Studienabschluss, aber mit oder ohne Zertifikat abgeschlossen werden. Auch hier gaben alle Teilnehmer an, dass ihre Hochschule derartige Veranstaltungen anbietet, und zwar sechs davon vollständig und eine teilweise gegen Entgelt. Dieses Entgelt wird von sechs der sieben Hochschulen auf Vollkostenbasis kalkuliert. Alle Hochschulen sehen sich im Bereich der beruflichen Fortbildungsveranstaltungen (zwei davon zumindest teilweise) in Konkurrenz zu privaten Anbietern. In Bezug auf die Frage nach den Gründen für fehlende private Anbieter gaben die drei Antwortenden an, dass in diesem Bereich Private aufgrund mangelnder Sachkenntnisse oder mangels der nötigen Ressourcen keine entsprechenden Angebote machten.

Weiterbildungsangebote sind auch Sprachkurse außerhalb der curricularen Studiengänge. Hier gaben fünf der sieben Hochschulen an, entsprechende Angebote anzubieten. Diese außercurricularen Sprachkurse werden von jeweils zwei der Hochschulen teilweise oder ausschließlich gegen Entgelt angeboten. Die Berechnungsgrundlage wird von drei Hochschulen angegeben, mit einem uneindeutigen Ergebnis. Aber auch hier sind die fünf betroffenen Hochschulen vollständig oder teilweise in Konkurrenz zu privaten Anbietern tätig, wobei die Gründe für fehlende private Angebote ebenfalls uneindeutig sind.

Fünf von sieben Hochschulen geben an, dass sie Weiterbildungen wie Vorträgen, Kursen, Workshops und sonstigen Angeboten, die sowohl für Studierende wie auch für fremde Dritte zugänglich sind, anbieten. Hier zeigt sich ein diverses Bild in der Frage nach der Entgeltlichkeit dieser Angebote (Ja = eine, Nein = zwei, Teilweise = zwei). Unter den drei Hochschulen, die Entgelte erheben, zwei gaben an, das Entgelt auf Vollkostenbasis zu berechnen; eine Hochschule gab an, die Berechnung auf Teilkostenbasis vorzunehmen. Auch hier sehen sich die Hochschulen mehrheitlich zumindest teilweise in Konkurrenz zu privaten Anbietern. In Bezug auf die Frage nach den Gründen für fehlende private Angebote gaben die zwei Antwortenden an, dass in diesem Bereich Private wegen mangelnder Sachkenntnisse oder mangelnder Ressourcen keine entsprechenden Angebote machten.

Der abschließende Frageblock zielt darauf, einen Überblick über Angebote kooperativer Studiengänge zu erhalten. Nur eine Hochschule gab an, einen kooperativen Studiengang anzubieten. Dieser wird von der betreffenden Hochschule ausschließlich gegen Entgelt angeboten. Das Entgelt wird auf Vollkostenbasis kalkuliert. Das Angebot besteht in Konkurrenz zu privaten Anbietern.

Im Folgenden wird bewertet, wie sich die verschiedenen Weiterbildungsangebote in der Hochschulpraxis anhand der EU-beihilferechtlichen Kriterien einordnen lassen. Dabei wird auch aufgezeigt, wo besondere rechtliche Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten bestehen.

Weiterbildungsstudiengänge werden von fast allen teilnehmenden brandenburgischen Hochschulen angeboten.

Hinsichtlich der Konkurrenz durch private Organisationen ist festzustellen, dass die Hälfte der antwortenden Hochschulen mindestens teilweise eine Konkurrenz durch private Anbieter sehen. Dies spricht insoweit für eine wirtschaftliche Tätigkeit.

Hinsichtlich der Finanzierungsstruktur werden die Weiterbildungsstudiengänge zu zwei Dritteln entgeltlich auf Vollkostenbasis angeboten. Hier besteht also eine private Finanzierung, die für eine wirtschaftliche Tätigkeit spricht. Zu einem weiteren Drittel werden die Studiengänge zu mindestens 50 % staatlich finanziert (das heißt, hier liegt eine im Wesentlichen staatliche Finanzierung vor). Hier kommt es dann darauf an, wie sich das Kriterium der privaten Konkurrenz zu dem der staatlichen Finanzierung verhält. Dies jedenfalls, soweit es sich bei den betreffenden Studiengängen um „konkurrierende“ handelt.

Eine Gewinnerzielungsabsicht besteht jeweils nicht.

Was die Einbettung in das staatliche Bildungssystem anbelangt, so sind Weiterbildungsstudiengänge an deutschen staatlichen Hochschulen tief in das staatliche Bildungssystem eingebettet. Dies ergibt sich vor allem aus der Hochschulorganisation mit ihrer behördlichen Aufsicht über die Hochschulen.

Was ein mögliches besonderes öffentliches Interesse an Weiterbildungsstudiengängen angeht, so sieht sich wenigstens eine Hochschule gar nicht in Konkurrenz zu privaten Organisationen. Dies insbesondere deswegen, weil nach Auffassung der staatlichen Hochschulen Private nicht über die nötige Sachkenntnis oder Ressourcen verfügen oder aus sonstigen Gründen nur staatliche Hochschulen entsprechende Weiterbildungen anbieten können. In diesen Bereichen, in denen Private nicht leistungsfähig sind, könnte sich also ein besonderes staatliches Interesse ergeben, um hier Weiterbildung überhaupt anbieten zu können.

Vor allem die private Konkurrenz und die überwiegend private Finanzierung sprechen dafür, die entsprechenden Studiengänge mit den derzeit maßgeblichen Kriterien des EU-Beihilferechts als wirtschaftliche Tätigkeiten der Hochschule einzuordnen.

Zertifikatskurse, die nicht Teil eines vollständigen Studiengangs sind, werden von jeder teilnehmenden Hochschule angeboten. Das Kriterium privater Finanzierung durch Entgelte auf Vollkostenbasis ist hier besonders ausgeprägt. Auch sehen sich die Hochschulen regelmäßig – wenigstens teilweise – privater Konkurrenz gegenüber.

Eine Gewinnerzielungsabsicht ist jedoch auch hier nicht festzustellen.

Eine Einbettung in das staatliche Bildungssystem ist gegeben, da es sich um die Angebote staatlicher Hochschulen handelt.

Ein etwaiges besonderes öffentliches Interesse muss hier aufgrund der deutlich wahrgenommenen privaten Konkurrenz jedoch als geringer bewertet werden als bei Weiterbildungsstudiengängen.

Auch hier sprechen deshalb die besseren Gründe dafür, dass die Grenzen nichtwirtschaftlichen Handelns regelmäßig überschritten werden, was impliziert, dass es sich um eine prima facie wirtschaftliche Tätigkeit handelt. Ein anderes Ergebnis würde sich nur dann ergeben, wenn man die Einbettung in das staatliche Bildungssystem als hinreichende Bedingung nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten ansehen würde. Die besseren Gründe sprechen aufgrund der Zielsetzung des EU-Beihilferechts jedoch dagegen.

Berufliche Fortbildungsveranstaltungen werden ebenfalls von allen teilnehmenden Hochschulen angeboten.

Das Kriterium privater Konkurrenz ist hier ebenfalls deutlich ausgeprägt. Die Hochschulen sehen sich im Bereich beruflicher Fortbildungsveranstaltungen überwiegend privater Konkurrenz gegenüber.

Die Angebote sind weit überwiegend entgeltlich auf Vollkostenbasis ausgestaltet. Auch das Kriterium im Wesentlichen privater Finanzierung ist insoweit erfüllt.

Die Einbettung in das staatliche Bildungssystem könnte also nur dann für nichtwirtschaftliches Handeln sprechen, wenn man dieses Kriterium als hinreichende Bedingung wertet. Dies kann jedoch nicht mit Sicherheit festgestellt werden.

Ein besonderes Interesse ist hier eher schwach ausgeprägt. Denn aufgrund der als lebhaft empfundenen privaten Konkurrenz hat der Staat ein verhältnismäßig geringes Interesse daran, eine mögliche „Weiterbildungslücke“ zu füllen.

Auch Veranstaltungen im Rahmen des Clusters „Sprachkurse“ werden von der überwiegenden Anzahl der teilnehmenden Hochschulen angeboten.

Sie werden von allen Hochschulen – zumindest teilweise – in Konkurrenz zu privaten Anbietern angeboten.

Die Sprachkurse werden regelmäßig gegen Entgelt angeboten. Jedoch gibt es auch unentgeltliche und damit im Wesentlichen staatlich finanzierte Angebote. Darüber hinaus hat eine Hochschule angegeben, das Entgelt auf Teilkostenbasis mit höchstens fünfzigprozentiger Kostendeckung zu kalkulieren. Sofern die staatliche Finanzierung hier bei mehr als 50 % liegen sollte, wäre auch hier eine wesentlich staatliche Finanzierung zu bejahen.

Als Angebote des staatlichen Bildungssystem besteht grundsätzlich eine Einbettung in dieses System.

Zu berücksichtigen ist bei Sprachkursen, dass an bestimmten Angeboten gemäß dem KMK-Leitfaden ein besonderes staatliches Interesse bestehen könnte (etwa an Veranstaltungen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, DAAD). Ansonsten spricht die starke private Konkurrenz jedoch eher für wirtschaftliche Tätigkeiten.

Weiterbildungen im Bereich dieses Clusters werden von der überwiegenden Zahl der teilnehmenden Hochschulen angeboten.

Bei der Mehrzahl der Angebote wird private Konkurrenz wahrgenommen, jedoch nicht bei allen. Dies spricht dafür, dass es in diesem Cluster einen Bereich nichtwirtschaftlicher Tätigkeit gibt.

Außerdem bestehen hier zahlreiche unentgeltliche, also staatlich finanzierte Angebote. Hier zeichnet sich also ebenfalls ein Bereich ab, der als nichtwirtschaftlich eingestuft werden kann.

Die Einbettung in das staatliche Bildungssystem ist ebenfalls zu bejahen.

Das besondere öffentliche Interesse könnte sich insbesondere aus der Tatsache ergeben, dass die private Konkurrenz in diesem Cluster als verhältnismäßig schwach ausgeprägt empfunden wird. Hier scheint eine besonders deutliche „Versorgungslücke“ zu drohen, die der Staat mit eigenen Mitteln schließen muss, um seinen Weiterbildungsauftrag zu erfüllen.

Kooperative Studiengänge erfüllen wiederum die Kriterien überwiegender privater Finanzierung und Konkurrenz durch Private.

EU-Beihilferechtlich problematisch stellt sich die Konkurrenzsituation dar, wenn es private Anbieter gibt. Diese Situation ist vor allem bei der Zusammenarbeit im Rahmen der Weiterbildung mit einem Unternehmen relevant.

Aus den Antworten der Hochschulen ist abzuleiten, dass gewisse „konkurrenzfreie“ Bereiche bestehen. Jedoch ist weit überwiegend eine Konkurrenzsituation anzunehmen, und zwar über alle Cluster der Weiterbildungsangebote hinweg. Die Konkurrenzsituation für Weiterbildungsangebote ist somit im Gesamtbild problematisch für eine Einordung als nichtwirtschaftlich. Ob dies bereits eine hinreichende Bedingung für wirtschaftliche Tätigkeiten darstellt, hat die Europäische Kommission (EK) jedoch bislang nicht klargestellt.

Die Weiterbildungspraxis an den brandenburgischen Hochschulen zeigt, dass Weiterbildung in verschiedenen Kategorien überwiegend gegen Entgelt auf Vollkostenbasis angeboten wird und daher häufig keine „wesentliche“ Finanzierung durch den Staat gegeben ist. Die nicht vollständige oder wenigstens überwiegende staatliche Finanzierung mehrerer Kategorien von Weiterbildungsangeboten spricht gegen deren Einordnung als nichtwirtschaftlich.

EU-Beihilferechtlich kann es jedoch auch einen Unterschied machen, ob die Hochschule mit einem bestimmten Weiterbildungsangebot Gewinne erzielen oder nur ihre Kosten durch Gebühren decken möchte. Aus der Auswertung der Fragebögen ergibt sich, dass die Hochschulen, sofern sie überhaupt Entgelte für Weiterbildung verlangen, diese maximal auf Vollkostenbasis kalkulieren. Die verschiedenen Kategorien wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote sollen somit nicht gewinnbringend angeboten werden. Dies kann für eine Einordnung als nichtwirtschaftlich sprechen. Rechtsprechung und Kommissionspraxis sind hier jedoch nicht eindeutig. Deshalb kann aus fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht mit Sicherheit eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit abgeleitet werden.

Insbesondere im Beschluss der EK zu der privaten tschechischen Hochschule Prerov Logistics College wurde für die Qualifikation als nichtwirtschaftliche Tätigkeit die Einbettung der privaten Einrichtung in das staatliche Bildungssystem betont. Die brandenburgischen staatlichen Hochschulen sind an das BbgHG gebunden. Die Aufsicht über das jeweilige Weiterbildungsangebot liegt also in ihrer Hand und Verantwortung und unterliegt im Rahmen der Hochschulorganisation staatlicher Aufsicht. Daher lässt sich mit sehr guten Gründen vertreten, dass das Kriterium der staatlichen Aufsicht über die in Frage stehenden Tätigkeiten erfüllt ist.

Im Sinne der Beschlusspraxis der EK könnte dies sogar entscheidend für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit sprechen.

In Bezug auf ein besonderes öffentliches Interesse an wissenschaftlicher Weiterbildung durch staatliche Hochschulen ergibt sich aus diesem Bericht, dass es an Angeboten privater Anbieter – jedenfalls nach Ansicht der öffentlichen Hochschulen – teilweise fehlt. In der Wahrnehmung der Hochschulen fehlen den Privaten in diesen Bereichen insbesondere die Sachkenntnis und die Ressourcen. Die Antworten auf die Weiterbildungsstudiengänge zeigen beispielsweise, dass Angebote privater mangels der nötigen Sachkenntnis und/oder mangels der nötigen Ressourcen nicht angeboten werden oder den Hochschulen unbekannt sind oder nur staatliche Hochschulen ein derartiges Angebot erbringen können.

Gerade dort, wo solche „Versorgungslücken“ mit wissenschaftlicher Weiterbildung festzustellen sind, könnte sich ein besonderes öffentliches Interesse an staatlichen Angeboten ergeben. Denn die Notwendigkeit von Weiterbildungsangeboten ist sowohl politisch als auch rechtlich in Deutschland anerkannt. Und dort, wo Private – aus welchen Gründen auch immer – nicht hinreichend tätig werden können, bleibt nur das Angebot der öffentlichen Hochschulen.

Es ist jedoch zu beachten, dass dieses Kriterium von der Rechtsprechung und der EK noch nicht ausreichend ausgeformt wurde. Der KMK-Leitfaden hat es zwar deutlich genannt. Dieser Leitfaden ist aber nicht rechtsverbindlich. Eine diesbezügliche Klarstellung der EK wäre deshalb wünschenswert. Es ist demnach derzeit mit Rechtsunsicherheiten behaftet, sich etwa bei privat finanzierten Angeboten allein auf das besondere öffentliche Interesse zu berufen.

Da die öffentliche Finanzierung der Hochschulen nicht in Frage steht, kommt es bei der Begutachtung der Weiterbildungspraxis an den Hochschulen Brandenburg noch auf die Tatbestandsmerkmale der Begünstigung und der Wettbewerbsverfälschung und der daraus folgenden Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels an.

Hinsichtlich der Begünstigung ist auffällig, dass überwiegend die Entgelte auf Vollkostenbasis kalkuliert werden. Dadurch kann die Erfüllung des Beihilfetatbestands verhindert werden. Denn die Weiterbildung kann dann haushaltsneutral gestaltet werden. Erforderlich bleibt aber eine korrekte Trennungsrechnung. Besonders zu achten ist auch auf marktangemessene Entgelte. Auch Pauschalen können grundsätzlich Bestandteil einer zulässigen Preisgestaltung sein.

Hinsichtlich der Wettbewerbsverfälschung und der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels, es besteht überwiegend Konkurrenz zu privaten Anbietern. Im Einzelfall zu prüfen ist aber neben dem Bestehen eines Marktes überhaupt für das jeweilige Weiterbildungsangebots auch, ob dieser nur lokal begrenzt ist. Denn das EU-Beihilferecht bezieht sich nur auf binnenmarktrelevante wirtschaftliche Tätigkeiten. Bei einer hinreichenden lokalen Beschränkung von Weiterbildungsangeboten wäre der Beihilfetatbestand deshalb nicht erfüllt.

Ob und wenn ja, wie von den Rechtsfertigungs- und Ausnahmemöglichkeiten vom Beihilfeverbot Gebrauch gemacht wird, lässt sich der Befragung der Hochschulen nicht entnehmen. Auffällig ist allerdings, dass vier der sieben teilnehmenden Hochschulen angaben, keine Kenntnis von der DAWI-Mitteilung zu haben. Es lässt sich also annehmen, dass wesentliche Möglichkeiten der Gestaltung der Hochschulfinanzierung nicht allen Hochschulen bekannt sind.

Um die oben erörterte Hochschulpraxis in Brandenburg ins Verhältnis zu weiteren relevanten deutschen Bundesländern zu setzen, werden im Folgenden anhand öffentlich zugänglicher Informationen Weiterbildungsangebote staatlicher Hochschulen in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen dargestellt.

Auch im Freistaat Bayern ist die Weiterbildung im staatlichen Bildungssystem verankert. Die Weiterbildungsangebote sind nach den öffentlich zugänglichen Informationen jedoch regelmäßig nicht vollständig staatlich finanziert.

Die Weiterbildung an bayerischen Hochschulen ist sowohl in die Bayerische Verfassung als auch in das bayerische Hochschulgesetz (BayHSchG) eingebettet. In Art. 139 der Bayerischen Verfassung wird die Förderung der Erwachsenenbildung durch Volkshochschulen und sonstige mit öffentlichen Mitteln unterstützte Einrichtungen geregelt. Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes dienen die Hochschulen in Bayern der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat.

In Art. 2 Abs. 5 BayHSchG wird die wissenschaftliche Weiterbildung als ein Teil der Aufgabenstellung der Hochschulen festgelegt. Studiengänge können dementsprechend gemäß Art. 56 Abs. 4 BayHSchG auch als berufsbegleitende Studiengänge angeboten werden. Darüber hinaus können zum Erwerb von wissenschaftlichen oder beruflichen Teilqualifikationen nach Art. 56 Abs. 6 BayHSchG Modulstudiengänge angeboten werden, in denen einzelne Module eines grundständigen oder postgradualen Studiengangs absolviert werden. Ferner Zusatzstudiengänge, in denen parallel zu einem grundständigen oder postgradualen Studiengang weitere Teilqualifikationen erworben werden, sowie spezielle weiterbildende Studien.

Die gesetzlichen Vorgaben sehen eine gemischt öffentlich-private Finanzierungsstruktur vor, die im Einzelfall schwerpunktmäßig oder ausschließlich öffentlich oder privat sein kann. Für berufsbegleitende Studiengänge erheben die Hochschulen entsprechend dem erhöhten Aufwand für das Studium in einem berufsbegleitenden Studiengang Gebühren (siehe Art. 56 Abs. 4 sowie Art. 71 Abs. 2 BayHSchG). Dementsprechend muss die Hochschule oder die jeweilige Fakultät eine Kosten- oder Gebührenkalkulation für den geplanten Studiengang erstellen (Baudach; Fraunhofer; Heese et al., 2014[1]). Entsprechend § 2 Abs. 2-4 der Hochschulgebührenverordnung (im Folgenden: HSchGebV) richtet sich die Gebühr nach dem Umfang der Lehrveranstaltungen. Dabei ist aber ein Gebührenrahmen festgelegt. Die Höchstgebühr liegt gemäß § 2 Abs. 3 HSchGebV bei EUR 200 pro Person und Einzelstunde. Für ein berufsbegleitendes Studium sieht § 2 Abs. 4 HSchGebV Gebühren von höchstens EUR 2.000 pro Semester vor. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Gebühren nicht in jedem Fall kostendeckend sind. Eine im Wesentlichen staatliche Finanzierung einzelner Weiterbildungsangebote ist also im Einzelfall möglich.

Für Hessen ergibt sich ein ähnlicher Befund. Es besteht eine deutliche Einbettung der Weiterbildung in das öffentliche Bildungssystem. Dabei sollen die einzelnen Angebote aber grundsätzlich kostendeckend durch Entgelte finanziert werden. Es dürfte also regelmäßig an einer im Wesentlichen staatlichen Finanzierung fehlen.

Die Ausgestaltung der Weiterbildung ist für die hessischen Hochschulen in § 16 HessHG geregelt, ergänzt durch § 7 Abs. 1  Hessisches Weiterbildungsgesetz. § 16 HessHG sieht vor, dass die Hochschulen Weiterbildungsangebote zur wissenschaftlichen Vertiefung und Ergänzung berufspraktischer Erfahrungen entwickeln und anbieten. Die Kooperation mit Privaten ist in § 3 Abs. 9 HessHG auch zum Ausbau der Weiterbildungsangebote vorgesehen. Die verschiedenen Weiterbildungsprogramme, wie Masterstudiengänge, Weiterbildungsprogramme mit Zertifikaten und postgraduale Studienprogramme werden von den Hochschulen divers ausgestaltet.

Gemäß § 16 Abs. 3 HessHG sind „insgesamt“ kostendeckende Entgelte zu erheben. Zuständig für die Festlegung der Entgelte ist das Präsidium der jeweiligen Hochschule.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sind mit 14 Universitäten und 16 Hochschulen für angewandte Wissenschaften und sieben staatlichen Kunst- und Musikhochschulen entsprechend mehr Hochschulen angesiedelt als in Brandenburg. Auch in Nordrhein-Westfalen ergibt der gesetzliche Befund, dass die Weiterbildung als Hochschulaufgabe gesetzlich im staatlichen Bildungssystem verankert ist. Entsprechende Angebote sollen jedoch kostendeckend über Gebühren und Entgelte finanziert werden. Dies spricht deutlich für eine im Wesentlichen private Finanzierung.

Das Hochschulgesetz NRW regelt in § 62 Hochschulgesetz NRW (HG NRW) die wissenschaftliche und künstlichere Weiterbildung an Hochschulen grundsätzlich in ähnlicher Weise wie das BbGHG. Abweichend sind jedoch die Gestaltungsmöglichkeiten für Hochschulen im Bereich Weiterbildung. Gemäß § 25 Abs. 4 BbgHG können zur Durchführung der Weiterbildungsangebote Kooperationen mit „geeigneten Einrichtungen“ außerhalb des Hochschulbereichs eingegangen werden, solange die Hochschulen für die Inhalte und Prüfungen verantwortlich bleiben. In § 62 Abs. 2 HG NRW wird grundsätzlicher die Möglichkeit eröffnet, Weiterbildung in öffentlich-rechtlicher Weise oder in privatrechtlicher Wiese anzubieten. Kooperationen mit (privaten) Dritten sind zum Angebot von Weiterbildungen möglich, § 3 Abs. 3 HG NRW. Besonders geregelt ist auch die Möglichkeit, Sprachkurse, die für den Hochschulzugang vorausgesetzt werden, anzubieten, sowie Vorbereitungskurse, die nach § 48 Abs. 10 S. 4 HG NRW auf privatrechtlicher Grundlage angeboten werden können.

Bei öffentlich-rechtlichen Weiterbildungsangeboten soll gemäß § 62 Abs. 5 S. 1 HG NRW eine kostendeckende Gebühr festgesetzt werden2, bei privatrechtlich organisierten Weiterbildungsangeboten sind Entgelte zu erheben. Die gesetzliche Anweisung öffentlich-rechtlich ausgestaltete Weiterbildungsangebote kostendeckend zu finanzieren, spricht für die Einordnung der entsprechenden Tätigkeiten als wirtschaftliche Tätigkeiten.

Die Ausgestaltung der Rolle und der Anforderungen an Weiterbildungsangebote von Hochschulen in den unterschiedlichen Bundesländern beleuchtet die wesentliche Rolle, die die Landesgesetzgeber den Hochschulen in der Weiterbildung zuweisen.

Im Einzelnen sind dabei auch länderspezifische Besonderheiten zu beachten, so etwa in Bezug auf die Frage, welchen privatrechtlichen Instrumenten sich Hochschulen im Bereich der Weiterbildung bedienen können. Für diese Betrachtung besonders relevant ist, dass nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnissen die Weiterbildungstätigkeiten der Hochschulen eindeutig in das staatliche Bildungssystem eingebettet sind, während aber zugleich nicht von einer im Wesentlichen staatlichen Finanzierung der Weiterbildungsangebote ausgegangen werden kann.

Hier wird also das Problem der Rangfolge der Abgrenzungskriterien wieder aktuell. Dies insbesondere auch deshalb, da angesichts der vielen privaten Anbieter von Weiterbildung in Deutschland grundsätzlich von privater Konkurrenz zu den staatlichen Angeboten auszugehen ist. Es lässt sich vor dem Hintergrund dieser Finanzierungsstruktur jedenfalls nicht rechtssicher annehmen, dass die EK die entsprechenden Angebote als nichtwirtschaftlich ansehen würde.

Quellennachweise

[1] Baudach; Fraunhofer; Heese et al. (2014), Leitfaden zur Entwicklung berufsbegleitender Studienangebote: OHO-Arbeitsbericht, https://w3-mediapool.hm.edu/mediapool/media/dachmarke/dm_lokal/oho/oho1/informationsmaterial/veroeffentlichungen_2/intern_3/ab_2_leitfaden_studiengangentwicklung.pdf.

Anmerkungen

← 1. Die zwei Verwaltungshochschulen sind nicht Gegenstand dieser Betrachtung.

← 2. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass es sich um eine sogenannte „Soll“-Vorschrift handelt, bei der – gestützt auf eine entsprechende Begründung – Abweichungen grundsätzlich möglich sind. Siehe dazu auch BVerfG, Urteil vom 28.02.1973 – VIII C 49/72, NJW 1973, 1206, 1207.

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