Anhang A. Kostenrechnungsansätze

In Kapitel 3 wurde die Tatsache erörtert, dass eine Hochschule, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, für die Nutzung ihrer Infrastruktur und ihres Personals bei der Durchführung dieser Tätigkeit ein marktangemessenes Entgelt erheben muss.

Ein marktgangemessenes Entgelt ist ein Entgelt, das ausreicht, um alle Kosten der Tätigkeit zu decken, so dass eine Subventionierung durch staatliche Mittel ausgeschlossen ist. Das bedeutet, dass das Entgelt die Betriebskosten, die Kapitalkosten, eine Eigenkapitalrendite und einen angemessenen Gewinnaufschlag oder eine Gewinnspanne abdecken muss.

In Kapitel 3 wurde erörtert, dass die Entgelte zwischen verschiedenen Dienstleistungen (z. B. verschiedenen Weiterbildungsprogrammen) differenziert werden können, oder die Hochschule kann sich dafür entscheiden, alle Weiterbildungsprogramme zu einem Pauschaltarif anzubieten.

In diesem Anhang werden die Ansätze dargelegt, die eine Hochschule anwenden könnte, um sicherzustellen, dass sie die Anforderung der Vermeidung von Quersubventionen erfüllt und dass die Wirtschaftstätigkeit auf dem Markt nicht "begünstigt" wird und somit das Funktionieren des Marktes nicht verzerrt und den Handel nicht beeinträchtigt.

In der Praxis werden mögliche Pauschalen „vom Ende her“ berechnet. Dieses Vorgehen erscheint mit guten Gründen vertretbar. Der Ansatz, „vom Ende her“ zu berechnen, bedeutet vereinfacht: Ein Unternehmen berechnet die Projektkosten und rechnet diese inklusive beispielweise einer 8 %-Pauschale gegenüber dem Kunden ab. Dann wird anschließend die Pauschale an die Hochschule abgeführt. Die Hochschule hat damit keine Möglichkeit der „Vorsteuerung“, also keine Möglichkeit, im Voraus die Richtigkeit der Kalkulation zu prüfen und erforderlichenfalls die Pauschale zu erhöhen. Erst im Nachgang zu den (durchgeführten und abgerechneten) Projekten erhält die Hochschule dann von diesen Kenntnis.

Die Problematik erinnert insoweit an die Bestimmung der sogenannten Verrechnungspreise zwischen einer Mutter- und Tochtergesellschaft, bei der die Muttergesellschaft Leistungen an die Tochter erbringt (hier in diesem Beispielsfall: Bereitstellung von Infrastruktur) und dann die Tochter, darauf aufsetzend, am Ende ein fertiges Produkt bzw. eine Dienstleistung erbringt (hier: die Hochschule). Hier stellt sich insbesondere aus steuerrechtlicher Sicht die Frage nach den korrekten Verrechnungspreisen.

In Deutschland hat der Gesetzgeber im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 2008 festgelegt, dass bei Vorliegen uneingeschränkt vergleichbarer Fremdvergleichswerte eine Bestimmung des angemessenen Verrechnungspreises vorrangig nach den sogenannten geschäftsfallbezogenen Standardmethoden zu erfolgen hat (§ 1 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über die Besteuerung von Auslandsbeziehungen (im Folgenden: AStG)). Diese Standardmethoden sind

  • die Preisvergleichsmethode;

  • die Wiederverkaufspreismethode sowie;

  • die Kostenaufschlagsmethode.

Nun haben diese steuerrechtlich geprägten Methoden grundsätzlich keine Relevanz für das EU- Beihilferecht. Gleichwohl: Wenn sie sich in Deutschland, und sei es auch aus steuerlichen Gründen, in der betriebswirtschaftlichen Praxis durchgesetzt haben, so wird bei der betriebswirtschaftlichen Prägung des EU-Beihilferechts auch diese Praxis eine Rolle spielen.

  • Die Preisvergleichsmethode – auch Comparable Uncontrolled Price Method (CUP) genannt – stellt nach h.M. – aufgrund der vorhandenen Unmittelbarkeit der Feststellung des Vergleichspreises – die Grundmethode zur Bestimmung angemessener Verrechnungspreise dar. Sie vergleicht den bei Geschäften zwischen sich nahestehenden Personen vereinbarten Preis mit dem Preis, der bei vergleichbaren Geschäften zwischen unabhängigen Dritten oder zwischen nahestehenden Personen und einem fremden Dritten vereinbart wurde, die nicht durch gesellschafts- oder gesellschafterbezogene Dispositionen beeinflusst werden können (Vögele/Raab, 2015[1]))1. Die Bestimmung des angemessenen Verrechnungspreises erfolgt, in anderen Worten, anhand vergleichbarer Geschäfte zwischen einem Leistungserbringer und einem Leistungsempfänger, die nicht Mitglieder desselben Unternehmensverbundes sind. Voraussetzung für die Anwendung der Preisvergleichsmethode ist die uneingeschränkte oder zumindest eingeschränkte Vergleichbarkeit der Preise des in Rede stehenden Geschäfts und des Vergleichsgeschäfts.

  • Im Rahmen der Kostenaufschlagsmethode – auch Cost Plus Method (CPM) genannt – wird der angemessene Verrechnungspreis in einem zweistufigen Prozess – in Umkehrung der Wiederverkaufspreismethode – auf progressivem Weg ermittelt. Basierend auf der Unterstellung, dass die Herstellungskosten eines Produktes oder einer Dienstleistung deren inneren Tauschwert repräsentieren, bilden die Selbstkosten der liefernden oder leistenden Person die Ausgangsbasis der Kostenaufschlagsmethode, die anschließend um einen angemessenen Gewinnaufschlag zu erhöhen ist (Vögele/Raab, 2015[1])2. Die Kostenaufschlagsmethode beruht auf der Überlegung, dass ein marktwirtschaftlich geführtes Unternehmen langfristig nur funktionsfähig sein kann, wenn die Vollkosten, d. h. sowohl die variablen als auch die fixen Kosten, gedeckt und ein bestimmter Mindestgewinn erzielt werden. Dieses Prinzip liegt auch den vorgenannten Normen des EU-Beihilferechts zugrunde.

  • Den Ausgangspunkt der Wiederverkaufspreismethode oder Resale Price Method (RPM) stellt der Absatzpreis dar, zu dem ein Unternehmen Waren, die es von einer anderen verbundenen Konzerngesellschaft erworben hat, an unabhängige Abnehmer weiterveräußert. Ausgangspunkt der Wiederverkaufspreismethode ist folglich der Preis, den das wiederveräußernde Unternehmen am Markt erzielt. Der Absatzpreis wird um eine marktübliche Handelsspanne (Marge) gekürzt, deren Höhe nach den folgenden drei Komponenten bestimmt wird: i) die dem Wiederverkäufer entstandenen Kosten, ii) die Funktionen und Risiken, die der Wiederverkäufer innerhalb der Liefer- oder Leistungsbeziehung zu der nahestehenden Person übernimmt, sowie iii) ein angemessener Gewinnaufschlag des Wiederverkäufers.

Das letzte - auch in Deutschland anerkannte - Prinzip denkt daher „vom Ende her“, sodass der Ansatz jedenfalls nicht völlig ohne betriebswirtschaftliche Grundlage ist. Da das EU-Beihilferecht ebenfalls vom Ende her denkt – wurde ein Marktbereich berechnet oder wurden verursachungsgerecht Vollkosten plus Gewinn berechnet? –, erscheint der grundsätzliche Ansatz der Berechnungsmethode nicht fernliegend.

Wenn damit die Nutzung einer Pauschale vom Ansatz her zwar nicht unzulässig ist, so ist damit allerdings noch nicht zum Ausdruck gebracht, dass die konkrete im Einzelfall verwendete Pauschale oder die Grundlagen ihrer Berechnung angemessen sind. Dies ist vielmehr im Einzelfall zu überprüfen.

Insoweit werden auf der Ebene der Hochschule alle Beteiligten das Prinzip einer ordnungsgemäßen Trennungsrechnung beachten müssen. Wesentliche Elemente der Trennungsrechnung sind eine korrekte Vollkostenrechnung und eine korrekte Kostenzuordnung. Sofern bei wirtschaftlichen Tätigkeiten der Hochschule kein Marktpreis bekannt ist, kommt der Angebotskalkulation zu Gesamtkosten mit Gewinnaufschlag Bedeutung zu. Zur Berücksichtigung sämtlicher Kosten (Gesamtkosten) bietet sich als Kostenrechnungssystem die Vollkostenrechnung an. Diese besteht aus den folgenden drei Teilsystemen:

  • Kostenartenrechnung: Welche Kosten sind entstanden?

  • Kostenstellenrechnung: Wo sind die Kosten entstanden? Die Struktur der Kostenstellenrechnung orientiert sich an den Organisationseinheiten der Hochschule (Fachbereiche, Einrichtungen, etc.).

  • Kostenträgerrechnung: Wofür sind die Kosten entstanden? Als Kostenträger sind die einzelnen Projekte und Aufträge zu erfassen.

Anerkannt ist in der Hochschulpraxis, insbesondere auch in den Prüfungen von Wirtschaftsprüfern, dass sich eine Kalkulation in mehreren Schritten vollziehen muss. Hierzu im Einzelnen:

Wer wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, muss diese grundsätzlich vorkalkulieren. Das ist schon ein Erfordernis im Sinne von Rn. 25 des FuE-Rahmens, der bei Forschungsdienstleistungen – und in entsprechender Anwendung auch bei anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten der Hochschule – von einer Kalkulation der Hochschule ex ante (und nicht ex post, also erst nach Durchführung des Projekts) ausgeht.

Die generelle Vorkalkulation im Rahmen der Trennungsrechnung umfasst grundsätzlich direkte und indirekte Kosten, d.h. nach allgemeinen Grundsätzen werden die direkt einem zu erwartenden Projekt zuzurechnenden Kosten erfasst und mit dem hochschulintern ermittelten internen Gemeinkostenzuschlag berechnet. Hieraus ergibt sich dann ein Gesamtpreis, der – mit einem Gewinnaufschlag – der Kalkulation zugrunde gelegt wird.

Im Rahmen der Nachkalkulation werden die tatsächlich angefallenen Ist-Kosten und Ist-Erlöse einander gegenübergestellt. Bei der Ermittlung der Ist-Kosten ist zu beachten, dass die darin berücksichtigten Gemeinkosten nicht mit den Gemeinkostenzuschlagsätzen der Vorkalkulation, sondern auf Basis der aktualisierten Ist-Kosten verrechnet werden.

Entscheidend ist, dass der Hochschule eine Nachkalkulation möglich ist. Hierfür wird von der Hochschule ggf. auch vom kooperierenden jeweiligen Unternehmen eine Aufstellung benötigt, aus der heraus es der Hochschule möglich ist, zu prüfen, ob die Kostenansätze im jeweiligen Jahr retrospektiv korrekt waren und damit für die Zukunft eine Anpassung möglich wird. Das ist auch deswegen besonders entscheidend, weil eine solche Nachkalkulation wiederum eine Rückwirkung auf die Vorkalkulation hat: Stellt sich heraus, dass die Kostenansätze nicht mehr angemessen sind, beispielsweise, weil die Inanspruchnahme von Ressourcen durch die Hochschule sich im Jahr grundlegend anders entwickelt als kalkuliert und sich deutlich intensiver entwickelt hat, dann muss die Hochschule aus den dargestellten EU-beihilferechtlichen Gesichtspunkten auch ihre Kalkulation für die Zukunft im Wege der periodischen Vorkalkulation anpassen.

Quellennachweise

[1] Vögele/Borstell/Engeler (ed.) (2015), Verrechnungspreise, 4. Auflage.

Anmerkungen

← 1. Vögele/Raab in: Vögele/Borstell/Engeler, Verrechnungspreise, 4. Auflage 2015, Kapitel D. Rn. 50 ff.

← 2. Vögele/Raab in: Vögele/Borstell/Engeler, Verrechnungspreise, 4. Auflage 2015, Kapitel D. Rn 250 ff.

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