Zusammenfassung

Diese Publikation ist die umfassendste Datensammlung zu den Merkmalen und Integrationsergebnissen von Zugewanderten und ihren Kindern. Sie enthält Daten aus allen EU- und OECD-Ländern zu 83 Indikatoren aus den Bereichen Arbeitsmarkt, Bildung, Lebensverhältnisse und gesellschaftliche Teilhabe. Im OECD-Raum und in der EU leben viele Migrant*innen und ihre Zahl wächst weiter. In den EU-Ländern sind 54 Millionen Menschen im Ausland geboren, in den OECD-Ländern 141 Millionen. Das sind jeweils 20 % mehr als vor zehn Jahren.

Zwischen den Zuwanderungsbevölkerungen der einzelnen Länder zeigen sich deutliche Unterschiede. Sie betreffen nicht nur den Anteil an der Gesamtbevölkerung, die Aufenthaltsdauer und das Durchschnittsalter, sondern auch das Bildungsniveau, die Sprachbeherrschung, den Grad der Konzentration in dicht besiedelten Gebieten und den Aufenthaltszweck. Diese Unterschiede haben großen Einfluss auf die Integrationsergebnisse.

In den meisten Ländern und nach den meisten Indikatoren schneiden Migrant*innen – vor allem solche, die außerhalb der EU geboren sind – und ihre Kinder schlechter ab als im Inland Geborene bzw. Kinder im Inland Geborener. Dennoch wurden in den letzten zehn Jahren beachtliche Fortschritte erzielt, insbesondere hinsichtlich der Arbeitsmarktintegration. Zu Beginn der Coronakrise kam es zwar zu einer überproportional starken Beschäftigungsabnahme unter Zugewanderten, darauf folgte aber eine rasche Erholung auf den vor 2020 verzeichneten Stand. Diese Fortschritte sind einer Reihe von Faktoren geschuldet, wie einer besseren Integrationspolitik, einer insgesamt günstigeren Arbeitsmarktlage als vor zehn Jahren und dem höheren Bildungsniveau der Neuzugewanderten. 2020 verfügten in der EU 39 % und im OECD-Raum 50 % der Migrant*innen, die in den vorangegangenen fünf Jahren zugewandert waren, über einen tertiären Bildungsabschluss. Zehn Jahre zuvor waren es nur 25 % bzw. 35 %. In Europa, vor allem aber in den Vereinigten Staaten war auch bei der Sprachbeherrschung der Neuzugewanderten eine Verbesserung festzustellen. Dies ist auch ein Bereich, in dem deutlich zu erkennen ist, wie sich die Integrationsergebnisse mit zunehmender Aufenthaltsdauer verbessern: 70 % der Migrant*innen in der EU, die vor mindestens zehn Jahren zugewandert sind, verfügen über fortgeschrittene Kenntnisse der Sprache des Aufnahmelandes; unter den Neuzugewanderten gilt dies nur für 40 % (Vereinigte Staaten: 74 % gegenüber 63 %).

Doch so ermutigend diese Ergebnisse auch sind, ist es der Zuwanderungsbevölkerung im Allgemeinen nicht gelungen, ganz gegenüber der im Inland geborenen Bevölkerung aufzuholen. Das Bildungsniveau von mehr als einem Drittel aller im Ausland Geborenen liegt in der EU nicht über Grundschulniveau. Damit ist dieser Anteil mehr als doppelt so hoch wie in der im Inland geborenen Bevölkerung. Zudem fällt es Migrant*innen schwer, Beschäftigungen zu finden, in denen sie ihre Kompetenzen voll einsetzen können. Zugewanderte mit Tertiärabschluss sind in allen Ländern mit geringerer Wahrscheinlichkeit erwerbstätig als im Inland Geborene und in fast allen Ländern sind sie mit größerer Wahrscheinlichkeit für ihre Beschäftigung überqualifiziert. Ein Bildungsabschluss des Aufnahmelandes verringert jedoch die Differenz bei den Überqualifizierungsquoten gegenüber den im Inland Geborenen – um 75 % in der EU und außerhalb der EU sogar noch stärker.

Rund ein Viertel der Bevölkerung unter 35 Jahren ist im Ausland geboren oder hat im Ausland geborene Eltern. Die Integrationsergebnisse von im Inland geborenen 15- bis 34-Jährigen, deren Eltern im Ausland geboren sind, folgen den gleichen Trends wie die von im Ausland geborenen Erwachsenen. Dabei zeigt sich eine Verbesserung von Generation zu Generation. So ist der Abstand beim Bildungsniveau zwischen im Inland geborenen Kindern von Zugewanderten und Gleichaltrigen mit im Inland geborenen Eltern geringer als in der Generation ihrer Eltern zwischen dem Bildungsniveau von Zugewanderten und im Inland Geborenen. Junge Menschen mit zugewanderten Eltern holen zudem auf dem Arbeitsmarkt auf. Trotz der Coronakrise ist ihre Erwerbstätigenquote höher – und ihre Erwerbslosenquote niedriger – als noch vor zehn Jahren. Auch bei den PISA-Lesekompetenztests erzielen Kinder von Zugewanderten im OECD-Raum und in der EU inzwischen bessere Ergebnisse. Die Ergebnisse von Kindern im Inland Geborener sind hingegen weitgehend unverändert geblieben, sodass sich der Abstand zwischen diesen beiden Gruppen verringert hat, wenngleich er in den meisten lateinamerikanischen und europäischen Ländern immer noch groß ist. Zudem nehmen Kinder von Zugewanderten inzwischen fast überall häufiger an Vorschulbildung teil, wodurch sich der Abstand in diesem Bereich gegenüber den Kindern im Inland Geborener in vielen Ländern verringert hat bzw. sogar verschwunden ist.

Verbesserungen sind auch in anderen Bereichen festzustellen. Die im Inland geborene Bevölkerung steht der Zuwanderung heute in den meisten Ländern positiver gegenüber als noch vor zehn Jahren. Bei den Lebensverhältnissen, die weiterhin Anlass zu Besorgnis geben, sind jedoch keine wesentlichen Ver-besserungen zu erkennen. Der Anteil der Wohneigentümer*innen ist unter den im Ausland Geborenen niedriger als unter den im Inland Geborenen. Ein überproportional hoher Anteil der Zugewanderten lebt zudem in minderwertigen Wohnungen. Mehr als ein Sechstel der Zugewanderten in der EU und im OECD-Raum lebt beispielsweise in überbelegten Wohnungen. Damit ist dieser Anteil um 70 % höher als unter den im Inland Geborenen. In den EU-Ländern ist der Abstand in den letzten zehn Jahren sogar gewachsen. In vier von fünf Ländern leben Zugewanderte auch mit größerer Wahrscheinlichkeit unter der relativen Armutsgrenze ihres jeweiligen Aufenthaltslandes und die Einkommensungleichheit ist unter im Ausland Geborenen ebenfalls größer.

Sowohl in der EU als auch im OECD-Raum ist etwa 15 % der im Ausland geborenen Bevölkerung älter als 64 Jahre. Damit ist dieser Anteil geringer als unter den im Inland Geborenen. Die Zahl der älteren Migrant*innen nimmt in den meisten Ländern jedoch zu, sowohl absolut gesehen als auch im Verhältnis zur Zuwanderungsbevölkerung insgesamt. Ältere Zugewanderte leben in den meisten Ländern häufiger in (relativer) Armut als im Inland Geborene der gleichen Altersgruppe und ihre relative Armutsquote ist in den letzten zehn Jahren gestiegen. Das Risiko einer maßgeblichen Beeinträchtigung durch wirtschaftlich ungünstige Lebensverhältnisse ist für kleine Kinder, deren Eltern im Ausland geboren sind, weiterhin besonders groß. In den meisten Ländern ist die Armutsquote von Kindern aus Migrantenhaushalten mindestens 50 % höher als die von Gleichaltrigen aus Haushalten im Inland Geborener.

Die gesellschaftliche Integration von Zugewanderten ist ein zunehmend wichtiges Thema, lässt sich allerdings nur schwer messen. Migrant*innen engagieren sich in den meisten Ländern seltener ehrenamtlich als im Inland Geborene. In zwei Dritteln der Länder vertrauen sie der Polizei und dem Rechtssystem indessen mit größerer Wahrscheinlichkeit als die im Inland geborene Bevölkerung. Die wahrgenommene Diskriminierung ist ein wesentlicher Indikator des sozialen Zusammenhalts. Sie hat in den letzten zehn Jahren in der EU, in Neuseeland und in Kanada zugenommen, besonders bei Frauen. Darüber hinaus fühlen sich im Inland Geborene, deren Eltern aus dem Ausland stammen, mit größerer Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert als im Ausland geborene Erwachsene.

In den EU-Ländern steht die öffentliche Wahrnehmung von Migrant*innen und ihrem Beitrag zur Gesellschaft oft im Widerspruch zu den vorliegenden Daten. So ist z. B. der Anteil der Hochqualifizierten unter den Zugewanderten aus Nicht-EU-Ländern gestiegen, doch wurde dies in den meisten Ländern nicht so wahrgenommen. Auch besteht in den meisten langjährigen europäischen Migrationszielländern in der Öffentlichkeit der Eindruck, die Bildungsergebnisse von Zuwandererkindern hätten sich verschlechtert. In Wirklichkeit haben sie sich im letzten Zehnjahreszeitraum jedoch stark verbessert.

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